Meine Heimat Lembeck (Ludwig Drüing)

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Ludwig Drüing (Foto: Stefan Diebäcker)

Ich bin in Lembeck, jetzt Dorsten, geboren. So ist mein Geburtsort in meinem Personalausweis amtlich dokumentiert. Mein Geburtsort ist – abgesehen vom Wehrdienst in Flensburg und Studium in Münster – auch immer mein Heimat- und Wohnort geblieben.

Lembeck war bis 1975 ein selbständiges Dorf mit knapp 5000 Einwohnern und ist seitdem ein vergleichsweise kleiner Stadtteil im Dorstener Norden, aber dennoch keineswegs unbedeutend und weltabgeschieden, sondern sowohl familiär als auch wirtschaftlich national und international vernetzt und mit der ganzen Welt in vielerlei Hinsicht verbunden.

Genau genommen ist jedoch nicht einmal das kleine Lembeck meine Heimat, sondern die noch viel kleinere Bauernschaft, in der ich geboren wurde, in der ich aufgewachsen bin und in der ich mich bis auf den heutigen Tag geborgen fühle: die Bauernschaft Specking. Das liegt nicht nur daran, dass ich dort zusammen mit meinen fünf Geschwistern eine glückliche und unbeschwerte Kindheit auf dem elterlichen Hof verlebt habe, sondern auch daran, dass ich dort von den Eltern, Großeltern und Nachbarn meine Muttersprache, das Plattdeutsche, erlernt habe, das mir bis heute sprachliche Heimat ist.

Diese kleine „von der Welt abgeschnittene“ Bauernschaft im äußersten Norden von Lembeck an der Grenze zu Klein Reken habe ich paradoxerweise immer als sehr weltoffen und tolerant erlebt, allein schon weil dort – als Folge des 2.Weltkriegs – zwei Polen lebten, die nie ausgegrenzt,  sondern immer von der ganzen Nachbarschaft als absolut gleichwertig und ebenbürtig angesehen wurden.

Zur Kirche gingen wir übrigens immer – zu Fuß natürlich – nach Klein Reken, was viel näher lag als Lembeck und wo wir – genau wie Wessendorf – als „Außengemeinde“ tituliert und anerkannt wurden. Wir waren also immer schon „Grenzgänger“ im wahrsten Sinne des Wortes.

Diese Weltoffenheit, die ich von Kindheit an gewohnt bin,  erlebe ich auch in Lembeck sowie in der Nachbarschaft Heide, in der ich mittlerweile mit meiner Familie seit mehr als vier Jahrzehnten lebe: Einerseits klein und beschaulich und manchmal sehr auf sich selbst bezogen, andererseits der Welt zugewandt und auch bereit und fähig, Fremde aufzunehmen und so zu integrieren, dass sich beide Seiten wohl fühlen. Dies gilt gleichermaßen für die „Zugezogenen“ als auch für die vielen Flüchtlinge, die nach dem Zweiten Weltkrieg, aber auch vor drei Jahren zu uns kamen und wohlwollende Aufnahme fanden.

Was ich hier in Lembeck ebenfalls sehr schätze ist die Tatsache, dass ich mich zumindest mit den Älteren noch in meiner Muttersprache, dem Plattdeutschen, unterhalten kann. Dieser eng mit der Weltsprache Englisch und der Nachbarsprache Niederländisch verwandte Münsterländer Dialekt ist bis heute meine sprachliche Heimat geblieben.

In Lembeck „te Huus“ und in der Welt zuhause, so könnte man mein Lembecker Heimat- und Lebensgefühl zusammenfassen.

Unser Dorf ist durch das Dreifachjubiläum im vorigen Jahr noch mehr zusammengewachsen, das Gemeinschaftsgefühl ist gestärkt worden und auch die Überzeugung, dass man viele Probleme selbst lösen kann, wenn man sie nur beherzt genug anpackt. Ein gutes Bespiel dafür ist die Porte, ein Bürgerforum, bei dem sich jede und jeder einbringen und kreative Vorschläge zur Dorfgestaltung und zur Optimierung des dörflichen Zusammenlebens machen kann.

Auch bei uns lässt sich sicherlich noch einiges verbessern: Zum Beispiel die bauliche Gestaltung des Dorfkerns. Abgesehen von unserem recht ansehnlichen Kirchplatz gibt es viele Dörfer im Münsterland, die äußerlich gesehen schöner sind. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Andererseits hat auch nicht jedes Dorf ein so bekanntes Schloss wie „unser“ Schloss es ist.

Ich wünsche mir, dass Lembeck sich in den nächsten Jahren behutsam weiterentwickelt – nicht nur in baulicher, sondern auch in wirtschaftlicher, kirchlicher und gesellschaftlicher Hinsicht – und so lebens- und liebenswert bleibt, wie ich es im Moment empfinde.

Ludwig Drüing     

  

 

 

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