Friedhof
Durch die Jahrhunderte war es in der katholischen Kirche Brauch, die Toten in möglichst großer Nähe des Altares um die Pfarrkirche herum, auf dem „Kirchhof“, zu bestatten. Nur besonders ausgezeichnete Personen – Geistliche und Wohltäter der Kirche zum Beispiel – erhielten einen Begräbnisplatz in der Kirche. Die drei oben erwähnten Epitaphe in der Lembecker Laurentiuskirche hinter dem Paravent des Tabernakels sind die einzigen Grabsteine, die bis heute erhalten sind und an diese Bestattungsform erinnern.
Erst die napoleonischen Neuerungen Anfang des 19. Jahrhunderts ließen amtlicherseits Bedenken gegen diese überlieferte Begräbniskultur aufkommen. Als die Regierung 1818 aus „sanitätspolitischen Rücksichten“ forderte, die Begräbnisplätze außerhalb der geschlossenen Ortschaften anzulegen, gab es in Lembeck großen Widerstand dagegen.
Im Heimatkalender (Jahrgang 1930) stellt Kaplan Schnura aus Lembeck den Jahrzehnte langen Kampf der Gemeinde gegen die neue Regelung dar, und er berichtet, dass der neue Friedhof schon eine lange Geschichte hinter sich hatte, als er 1880 bei Blitz und Donner von Pfarrer Karthaus aus Erle eingeweiht wurde.
Den ersten Vorschlag für eine neue Begräbnisstätte machte der damalige Amtmann Brunn der Gemeindevertretung im Jahre 1831, also 13 Jahre nach der Anordnung. Bis zu diesem Jahr war eine Verlegung „von oben“ schon mehrfach angemahnt worden. Nach seinem Plan sollte der neue Friedhof links von der Allee zum Schloss auf der damaligen im Volksmund genannten „Wemhofer Heide“ liegen. Da dieses Gelände lehmig war, verwarf die Gemeindevertretung diesen Vorschlag. Bis 1843 änderte sich darum nichts an dem gewohnten Bestattungsort. Pfarrer Droste-Senden versuchte damals die Regierung davon zu überzeugen, dass der Kirchhof bei im Schnitt 48 Sterbefällen im Jahr noch für 28,5 Jahre Platz für Beerdigungen hätte. Seine Berechnung verwarf die Regierung postwendend, da sie von einer viel zu engen Belegung ausging.
Auch über diesen Bescheid ging die Gemeindevertretung hinweg, blieb bei der gewohnten Ordnung und berichtete lediglich der vorgesetzten Behörde, man wolle einen Totengräber einstellen, der dafür Sorge tragen würde, dass die Gräber ordnungsgemäß ausgehoben würden.
Kaplan Schnura vermerkt in seinem Bericht, dass Amtmann Brunn bei diesem Hin und Her zwischen vorgesetzter Behörde und der Kirchengemeinde, bzw. der Gemeindevertretung einen schweren Stand hatte, da er immer wieder zwischen beiden zu vermitteln suchte, gleichzeitig aber auch nach einem geeigneteren Platz Ausschau hielt.
Erst als am 16. Juni 1866 – fast 50 Jahre nach der ersten Aufforderung – die Regierung ultimativ die Verlegung forderte, wendete sich Amtmann Brunn an Pfarrer Theißen, und nun ging alles ganz schnell.
Pfarrer Theißen erklärte sich bereit, das Grundstück, das bis heute Begräbnisstätte der Gemeinde ist, von seinem Hof abzutreten. Da der Boden dieses Geländes sowohl aus ärztlicher als auch aus gesundheitspolizeilicher Sicht als Begräbnisstätte geeignet war, konnte 1880, wie eingangs dargestellt, der neue Friedhof eingeweiht werden.
Da Pfarrer Theißen im Jahr vor der Fertigstellung des Friedhofs starb, wurde erst sein Nachfolger, Pfarrer Heinrich Bollmann, 1912 als erster Pastor von Lembeck auf der neuen Grabanlage beigesetzt.
Im Laufe der Jahre ließ das Aussehen des Friedhofs – kriegsbedingt? – immer mehr zu wünschen übrig, und als sich die Anlage im Jahre 1960 in einem unwürdigen Zustand befand, bildete der Kirchenvorstand einen Friedhofsausschuss, der die Neugestaltung in Angriff nahm. Ein Brunnen wurde gebaut, die Mitte des Friedhofs bildete nun das Rondell mit dem Missionskreuz und den verstorbenen Lembecker Pastören, sowie den aus Lembeck stammenden Priestern.
Der Friedhofsgärtner Paul Inhester kümmerte sich seit dieser Zeit um das gepflegte Äußere der Gesamtanlage und unter der Verantwortung seines Schwiegersohns Bernhard Soppe bietet der Friedhof heute das Bild einer gepflegten Parkanlage.
Seit 1967 bildet ein kunstvolles eisernes Tor den Eingang zum Friedhof. Nach einem Entwurf der Dorstener Ordensschwester und Künstlerin Schwester Paula fertigte der Lembecker Schlossermeister Hermann Kruse das eindrucksvolle Werk. Vier Lebensbäume, die in die beiden Flügel des Haupttores eingearbeitet sind, sollen den Besucher des Friedhofes daran erinnern, dass der Tod „Pforte zum ewigen Leben“ ist. Die Henkelkrüge in den Nebentoren stellen Hieroglyphen dar, die in der ägyptischen Mythologie Symbole für das „neue Leben“ sind.
1973 entstand mit viel Eigenleistung von fach- und sachkundigen Freiwilligen aus der Gemeinde die heutige Leichen- und Trauerhalle.
Im Jahr 1995 erhielt der Hauptweg des Friedhofes eine neue Pflasterung bis zu den Kriegsgräbern.
Eine vom Kirchenvorstand detailliert ausgearbeitete Friedhofsordnung regelt die Nutzungsrechte, die Bestattungsformen, die Gebührenordnung und vieles andere mehr. Diese Satzung soll demnächst überarbeitet werden, um eine Vereinheitlichung der Satzungen von St. Laurentius Lembeck und St. Urbanus Rhade zu erreichen.
Eine weitere Begräbnisstätte befindet sich an der Südseite der Michaeliskapelle. Hier fanden zuletzt Schwester Ancilla von den Karmelitinnen ihre letzte Ruhestätte. Auch Baronin von Twickel wurde 1993 hier beigesetzt. Im Übrigen befinden sich auf diesem Friedhof 11 Gräber von Schwestern und Geistlichen, die hier während der Zeit, als das Michaelisstift als Krankenhaus diente, beerdigt wurden.
Ein dritter Begräbnisplatz ist der Jüdische Friedhof am Kaisersweg. 1865 wurde das 821 qm große Grundstück laut Grundsteuerkataster an die Judengemeinde Lembeck – die Familien Landau und Lebenstein – übertragen. 1909 wurde es auf Isaak und Alexander Lebenstein umgeschrieben. „Zur Neubildung deutschen Bauerntums“ wurde der Friedhof 1939 von der Siedlungsgesellschaft Rote Erde, Münster, beschlagnahmt und Vieh darauf getrieben. Alle vorhandenen Grabsteine bis auf eine Umrandung sind während der NS-Zeit zerstört worden. Im Zuge der Wiedergutmachungsverhandlungen 1948 verzichteten die Erben der Familie Lebenstein auf den Friedhof. Seit 1950 ist der Friedhof Eigentum der Gemeinde Lembeck, heute Stadt Dorsten.
Das Grünflächenamt der Stadt Dorsten hat im Dezember 2016 einen neuen Stabgitterzaun errichtet, der den bisherigen in die Jahre gekommenen Zaun ersetzt. Der alte Jägerzaun war Anfang der 60er Jahre von einer Klasse der Laurentiusschule unter Leitung von Lehrer Erich Wolf aufgestellt worden. Auch die Bepflanzung mit Tannenbäumen stammt aus dieser Zeit.
Diese von Schwester Paula (Tisa von Schulenburg) geschaffene Gedenkstein auf dem jüdischen Friedhof erinnert an die jüdischen Opfer der Gewaltherrschaft.
Theo Arentz
https://www.lembeck.de/2018/11/27/alte-kirchentuer-wurde-sonntag-am-friedhof-eingeweiht/