M.G.V. „Frohsinn“ zwischen den Kriegen

Der MGV “Frohsinn” darf im Jahre 2005 auf 100 Jahre wechselvolle Geschichte zurückblicken. Dieses stolze Alter gebietet es zurückzuschauen auf die Zeit in der alles anfing.

Schon im Februar 1919 traten die alten Sangesbrüder des M.G.V. “Frohsinn” wieder zusammen, um der Muse des Gesanges von neuem ihre Herzen zu weihen. Zu ihnen stieß eine Anzahl junger sangesfreudiger Kräfte, und der M.G.V. ”Frohsinn” wurde zu neuem Leben erweckt. Der Vorsitz wurde dem Vereinswirt und Mitglied B. Stegemann übertragen, während der musikalisch hochbegabte und kunstbeflissene Franz Wolthaus aus Lembeck den Dirigentenstab ergriff.
Unter seiner Leitung erreichte der Verein wieder jenes hohe künstlerische Niveau. So errang der MGV “Frohsinn” im Jahre 1923 in Dülmen den 3. Klassen, 2. Ehren- und infolge Losung um den 2. Hauptehrenpreis. Aus Haltern brachte der Verein 1925 den 2. Klassen, 1. Ehren und 1. Hauptehrenpreis ein.

Im Jahre 1923 erhielt der M.G.V. ”Frohsinn” in B. Bohle einen äußerst tüchtigen Vorsitzenden. Dieser verstand es, die Aufmerksamkeit des Reichsgrafen von Merveldt auf den Verein zu lenken. Anlässlich eines im Kreise der gräflichen Familie durch den M.G.V. „Frohsinn“ veranstalteten Konzertes nahm der Vorsitzende Veranlassung, dem Grafen von Merveldt das Protektorat über den Verein anzubieten, das der Graf auch annahm.

Im Jahre 1930 beging der M.G.V. ”Frohsinn” sein 25jähriges Stiftungsfest. Es war ein Höhepunkt in der Vereinsgeschichte. Die gräfliche Familie stiftete aus Anlass dieses Jubiläums dem Verein eine mit kostbarer Kunststickerei verzierte Fahne und gab ihm damit ein Symbol.

Wie das silberne Jubelfest bewiesen hatte, erfreute sich der M.G.V. ”Frohsinn” großer Sympathie in Sängerkreisen.

So war es denn eine Selbstverständlichkeit, dass die Sängergruppe „Hohe Mark“, eine im Jahre 1921 gebildete Vereinigung der Gesangvereine aus der näheren Umgebung, sehr bald auch den M.G.V. ”Frohsinn” in ihren Kreis einbezog. Seit 1923 nimmt der Verein an den alljährlich stattfindenden Sängerfesten dieser Gruppe teil und beherbergt seit dieser Zeit in regelmäßigem Wechsel die Sängerscharen in Lembeck. Diese Sängerfeste tragen nicht den Charakter der üblichen Sängerwettstreite, sondern sie haben die Aufgabe, im Freundschaftssingen der Pflege und Förderung des Chorgesangs zu dienen.

Für die Gemeinde Lembeck war und ist der M.G.V. ”Frohsinn” somit ein bedeutender Kulturfaktor. Bei allen kulturellen und historischen Veranstaltungen, ob auf den seiner Zeit jährlich stattgefundenen Lembecker Heimatabenden oder den Kriegergedächtnisfeiern, ob auf den festlichen Zusammenkünften der Kameraden des Kriegervereins oder den traditionellen Volksfesten, der Verein stellte sich in den Dienst der guten Sache und trug durch Lieddarbietungen zur Verschönerung der Feiern bei.
Aber auch bei privaten festlichen Anlässen ließ es sich der M.G.V. ”Frohsinn” nicht nehmen, die musische Gestaltung der Feier durchzuführen. So geschah und geschieht es anlässlich der Jubelhochzeiten von Vereinsmitgliedern. Die beseligende Freude, die die Sänger durch die Macht der Töne in die Herzen dieser Jubilare senden durften, war für diese ein einmaliges Erlebnis. Auch bei den Hochzeiten der Baronessen, Töchter des Grafen von Merveldt, fehlte der „Frohsinn” nicht. Herr Baron von Twickel wurde bei seiner Einführung auf Schloss Lembeck zum Ehrenmitglied des Vereins ernannt.

Mitten in das glückliche Wirken des Vereins fallen zwei tragische Ereignisse, die alle Mitglieder auf das Tiefste erschütterten. Es war zunächst der jähe Tod des 1. Vorsitzenden B. Bohle im Jahre 1937. Ein edler Sänger und hervorragender Organisator, der sich für die Belange des M.G.V. Frohsinn“ mit nie ermüdender Tatkraft eingesetzt hatte, war heimgegangen und hinterließ eine schmerzliche Lücke.

Im Jahre 1942 hatte der Verein die traurige Pflicht, seinen langjährigen Dirigenten Franz Wolthaus, der den Verein in den Jahren nach dem 1. Weltkrieg von Erfolg zu Erfolg führte, zu Grabe zu tragen. Es schien, als sollte mit dem Tode dieses unvergesslichen Chorleiters auch das Ende des M.G.V. ”Frohsinn” gekommen sein. Franz Wolthaus blieb auch als Chorleiter immer der bescheidene Sänger, dessen Können und Streben nur dem Verein galt. Welcher Wertschätzung sich dieser Mann in Sängerkreisen erfreute, bewies die ungeheure Anteilnahme, als er zur letzten Ruhe bestattet wurde. Sangesfreunde aus bekannten Vereinen gaben ihm das letzte Geleit, und die führenden Männer des Verbandes widmeten ihm bewegte Abschiedsworte. Die Lieder, die von „seinem Frohsinn“ am offenem Grabe als letzten Gruß gesungen wurden, sind vielleicht nie mit solcher Inbrunst erklungen. Der M.G.V. „Frohsinn“ wird seinen Chorleiter Franz Wolthaus nie vergessen.

Nach dem Ableben des 1. Vorsitzenden B. Bohle übernahm einer der ältesten und treuesten Sänger, Bernhard Langenhorst, dieses Amt. An die verwaiste Stelle des Chorleiters Franz Wolthaus trat der Lehrer Fritz Fischer. Die Vereinstätigkeit konnte nunmehr weiter fortgesetzt werden, wenn auch der unselige 2. Weltkrieg viele Einschränkungen mit sich brachte. Der Verein trat auch während des Krieges bei mancherlei Veranstaltungen auf und machte seinem Namen alle Ehre. Aber je länger der Krieg mit seinen furchtbaren Härten anhielt, um so stiller wurde es in Sängerkreisen bis das Jahr 1943 zur völligen Einstellung der Sangestätigkeit zwang.

In dieser kurzen Zeit seit seiner Entstehung erreichte Der MGV „Frohsinn“ in näherer Umgebung einen hervorragenden Ruf und heimste viele Preise und Pokale bei Wettbewerben ein.
So zeugt der Vereinsschrank noch heute von einigen Exemplaren dieser Auszeichnungen doch so manches gute Ehrenstück ist aber während dieser unseligen NS-Zeit im falsch verstandenen Nationalwahn als Metalspende für immer verloren gegangen.