Kirchenchronik – St. Laurentius
Als die Pfarrgemeinde St. Laurentius Lembeck 2017 das 800-jährige Bestehen ihrer Pfarrkirche feierte, da musste man wissen, dass diese Jahreszahl lediglich auf die erste schriftliche Erwähnung im Jahr 1217 zurückgeht. Tatsächlich erfolgte die eigentliche Gründung der Kirche – zunächst als Kapelle – schon im 9. Jahrhundert. Eine genaue Datierung dieser Gründung ist allerdings nicht möglich.
Der wahrscheinliche Grund für fehlende schriftliche Zeugnisse aus der Gründerzeit ist ein Brand, der Anfang des 18. Jahrhunderts das Pastoratsgebäude und mit ihm wohl wertvolle Unterlagen der Kirche einäscherte. Die jetzt noch vorhandenen Pfarrbücher sind erst im Jahre 1810 in Bocholt von der Fürstlich-Salmisch-Gemeinschaftlichen Regierung abgeschrieben worden; sie weisen jedoch große Lücken auf. Fortlaufende Kirchenbücher – mit
zeitlichen Unterbrechungen zwar – gibt es erst wieder seit 1713 (Heimatkalender 1929, S. 105). Aus Sicht des bekannten westfälischen Geschichtsforschers, Domkapitular Tibus, soll die Gründung der Kirche von Liudger selbst erfolgt sein, und zwar schon in der Zeit der Anfänge der Christianisierung der Sachsen unter Karl dem Großen (747-814).
Nachdem Karl der Große zur Sicherung seines Reiches im Norden die Sachsen, die Norddeutschland bis zum Rhein besiedelten, nach langen Kämpfen besiegt hatte, nahm das ganze Volk unter Zwang die neue christliche Lehre an. Das besiegte Land gliederte Karl der Große in Gaue und Missionsgebiete und Pfarrsysteme und verpflichtete alle Bewohner zum sonntäglichen Kirchgang. 772 ernannte er Bischof Liudger zum Missionsleiter des westlichen Sachsenlandes, das ungefähr dem späteren Bistum Münster entspricht.
Liudger errichtete im sächsischen Mimigerneford ein Kloster (lat. Monasterium – Münster). Von hier aus ordnete er das Bistum, errichtete Kirchen, gründete Missionszentren (Pfarreien) und weihte Priester, die er selbst ausgebildet hatte. Die Kirchen errichtete er auf Burghöfen an den Heerstraßen
Kaiser Karls. Sie dienten in erster Linie der Burgbesatzung als geistiges Zentrum, waren zugleich aber auch Pfarrzentren der Bevölkerung im weiteren Umkreis. Ein solcher Burghof bildete die Urzelle der heutigen Stadt Borken mit der Kirche St. Remigius. Da nun der sonntägliche Kirchbesuch für die Bewohner der weiteren Umgebung südlich von Borken über Lembeck, Rhade, Wulfen, Lippramsdorf, Hervest, Holsterhausen, Erle, bis Altschermbeck hin, eine Tagesunternehmung bedeutete, entstand auf dem Reichshof in Lembeck in der Nähe der Burg, die am Zusammenfluss des Wiesenbaches und der Lehmbecke (Krusenhof) stand, eine kleine Kapelle, eine Tochterkirche von St. Remigius in Borken. Die o.g. Kirchspiele bildeten die Urgemeinde dieser kleinen Kirche und wurden im Laufe der nächsten Jahrhunderte abgepfarrt.
Die Zeitangabe der Gründung dieser Kapelle geht auch aus dem Buch „Das Bistum Münster“ hervor, das der damalige Generalvikar und spätere Erzbischof von Hamburg, Werner Thissen, 1993 herausgab. Im Band III. dieses Werkes wird das 9. Jh. als Abpfarrung der Kirchengemeinde St. Laurentius Lembeck von der Urpfarre St. Remigius Borken genannt. Genauere Daten sind auch hier nicht zu finden.
Eigenkirchen
Wie gesagt, erfolgte die Gründung der Kirche in Lembeck auf dem Reichshof. Die Kirche war nach damaligem Recht also eine „Eigenkirche“, d.h. der Grundherr verstand sich als Gründer, der kraft seiner Herrschaft über den Kirchengrund nicht nur Verfügungs- und Nutzungsrecht an Vermögen und Einkünften der Kirche besaß, sondern auch öffentliche und rechtliche Befugnisse hatte. Der Grundherr konnte zum Beispiel einen Geistlichen ernennen
und absetzen. Ihm oblag es, den Geistlichen mit einem Bauernhof auszustatten, für die Unterhaltung des Kirchengebäudes zu sorgen, die Kosten für den kirchlichen Ritus zu tragen und caritative Aufgaben zu übernehmen.
Der verbleibende Überschuss blieb ihm vorbehalten. Der Pfarrer von Lembeck war neben seiner seelsorglichen Tätigkeit Bauer, er lebte von der Landwirtschaft. Zu seiner Pfarre zählten 140 Höfe, auf denen etwa 900 Menschen Arbeit und Brot hatten. Der letzte Pfarrer, der die Ländereien
des Pfarrfonds noch selber bewirtschaftete, war Pfr. Wilhelm Bollmann. Ihm folgte 1912 Pfr. Franz Witte, der erste Geistliche, der nur den seelsorglichen Aufgaben in der Gemeinde nachging (Lembecker Geschichten, S. 52). Das Eigenkirchenrecht regelte die karolingische Gesetzgebung ganz eingehend und es ermöglichte den ersten Gründern der Kirchen – Liudger und seinen Nachfolgern – mithilfe dieser begüterten Grundherren zahlreiche Pfarreien zu errichten.
Dieses Eigenkirchenrecht hatte Bestand bis zum Ende des 12. Jh. Erst als der Einfluss der weltlichen Macht immer deutlicher wurde, die u.a. auch in der Benennung von Bischöfen bestand, kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Staat und Kirche, Kaiser und Papst (Investiturstreit). Darum wandelte das 3. Laterankonzil (1179) das Eigenrecht der Grundherren in ein Patronatsrecht um. Die Pflichten des Grundherren wurden danach zu Ehrenrechten, u.a. zu dem Recht auf einen Ehrenplatz in der Kirche, dem Patronatsgestühl und zu verschiedenen Repräsentationsrechten in der Kirchengemeinde, andererseits aber blieb die Pflicht des Patrons zu bestimmten Unterhaltsleistungen (z.B. am Kirchenbau beizutragen) erhalten.
Kapelle – Urzelle der Pfarrkirche St. Laurentius
Der Standort der neu errichteten Kapelle, Tochterkirche von St. Remigius Borken, ist mit dem Standort der heutigen Pfarrkirche identisch. Sie ist, wie im Grundriss sichtbar (siehe Seite 52), die Urzelle dieses im Laufe der Jahrhunderte erweiterten Kirchbaus. Aus dem Grundriss ist ebenfalls erkennbar,
dass Kapelle und Kirchturm zuerst zwei voneinander getrennte Baukörper bildeten, eine Bauweise, die in der Frühzeit nicht unüblich war.
Laurentius – Namenspatron der neu gegründeten Kirche
Die Blutzeugen, ganz besonders der Diakon Laurentius und Papst Sixtus II. genossen in den frühen Jahrhunderten der Christenheit besondere Verehrung. Der Diakon Laurentius, der unter Papst Sixtus II. Dienst tat, erlitt mit ihm zusammen am 06. August 258 den Märtyrertod. Im Heimatkalender (1930)
nennt der damalige Pfarrer Vissing von Hervest-Dorsten, der über die Kirchenpatrone in der Herrlichkeit Lembeck schreibt, die Vermutung, dass Liudger die Namen dieser beiden Heiligen, Sixtus und Laurentius, den Kirchengemeinden Haltern und Lembeck wegen ihrer räumlichen Nähe und auch ihrer fast gleichzeitigen Gründung im 9. Jh. als Namenspatrone zuwies.
Erste schriftliche Erwähnung der Pfarrgemeinde St. Laurentius Lembeck 1217
Während über die Entwicklung der Pfarre Lembeck lange Zeit nichts zu erfahren ist, wird das Bestehen
der Pfarrei zum ersten Mal schriftlich im 13. Jh. dokumentiert. Zu einer Zeit also, die in der Kirchengeschichte als „Zeit der Kreuzzüge“ an eine unrühmliche Vergangenheit der Kirche erinnert. Und tatsächlich ist es ein neuer Kreuzzug, an dem der Bischof von Münster, Otto I., selbst teilnahm.
Nachdem Papst Honorius III. 1216 alle Christen des Abendlandes dazu aufgerufen hatte, im Zeichen des Kreuzes mit ihm nach Jerusalem zu ziehen und die Stadt von den Moslems zu befreien, sollte durch eine Kreuzzugsteuer das geplante Unternehmen finanziert werden.
Bischof Otto I. verschaffte sich deshalb diese Steuer, indem er im Jahre 1217 Besitzungen verkaufte oder verpachtete und u.a. auch den Zehnten zu Rhade in der Pfarre Lembeck dem Domkapitel übertrug. Diese urkundliche Erwähnung beweist, dass die Pfarre bestand und mit festen Einkünften versehen war.
(Festrede Dr. Franz Schuknecht 750 Jahre Pfarrgemeinde Lembeck).
Taufstein aus dem 13. Jahrhundert
Aus dieser Zeit der ersten urkundlichen Erwähnung der Pfarrei St. Laurentius Lembeck stammt wahrscheinlich auch der archaisch anmutende Taufstein, der aus Sandstein der Hohen Mark gestaltet wurde. Der frühgotische Stil des grob behauenden Steins lässt jedenfalls auf die Entstehungszeit des 13. Jh.
schließen. Jahrhunderte hindurch diente er als Aufbewahrungsbecken des Taufwassers und als Ort der Taufspendung.
Als im 19. Jh. (1860) die Kirche um eine Taufkapelle erweitert wurde und dieser alte Taufstein nicht mehr dem Zeitgeschmack entsprach, entfernte man ihn aus der Kirche, und er diente lange Zeit als Pferdetränke auf dem Hof Abel in der Bauernschaft Strock und nach 1915 als Blumenkübel im Pfarrgarten. Ab 1927 stand er im Heimatmuseum in der alten Lembecker Schule (M. Steiger, Heimatkalender 2010 S. 134). Erst 2003 erhielt er wieder einen Platz in der Kirche und diente als Taufbecken. Seit der Neugestaltung der Kirche 2005/2006 steht er wieder an herausragender Stelle im Chorraum der Kirche.
Der 1860 ausgewechselte Taufstein dient heute als Weihwasserbecken hinten in der Kirche.
Entwicklung der Pfarrei bis zur Erweiterung der Kirche im 14. Jh.
Obwohl die Gemeinde Wulfen zwischen 1169 und 1203 aus der Pfarrei Lembeck ausschied (Wulfen, Geschichte und Gegenwart S. 49), musste die kleine Kapelle
wegen der anwachsenden Zahl der Gemeindemitglieder vergrößert werden. Das bestehende Kirchengebäude wurde darum im 14. Jh. nach Süden hin geöffnet und
bildete nun das Seitenschiff des neu errichteten Hauptschiffs, dem heutigen Raum zwischen Turm und altem Hochaltar (siehe Grundriss S. 52). Der Turm im Westteil mit einer steinernen Treppe in der nördlichen Mauer erhielt im unteren Bereich ein Gewölbe und bildete so den Abschluss der Kirche. J. Körner beschreibt in dem Heft „Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen“ (Heimatkalender 1929) diese Kirche wie folgt:
„Der Innenraum ist mit Einschluss des Turmes 31 m lang und 10 m breit. Die aus Backstein gemauerten Gewölbe haben Rippen und Schlusssteine. Eine spitzbogige Säulenarkade verbindet Haupt- und Nebenschiff. Die Gewölberippen werden im Schiff und Chor von Wanddiensten mit Kelchkapitellchen getragen, während sie am Triumphbogen auf kleinen Konsölchen stehen. Die Fenster sind alle zweiteilig und spitzbogig, mit Ausnahme des Ostfensters des Chores, welches dreigeteilt und mit reicherem Maßwerk versehen ist. Die Kirche ist in Bruchsteinmauerwerk, meist mit Kantenquaderung errichtet. Die Strebepfeiler im Schiff und Chor sind durch ein gotisches Wasserschlaggesims untereinander verbunden.“
Die Figuren „Anna Selbdritt“, „St. Michael“ und die „Katharinenglocke“ (gegossen 1463) stammen aus dieser Zeit.
Abpfarrung der Kapellengemeinde Rhade Ende des 15. Jh.
Während die benachbarten Dörfer wegen der weiten Entfernung von der Mutterkirche im Laufe des 12. Jh. Pfarrrechte erhielten, blieb die Gemeinde Rhade nach wie vor mit der Lembecker Kirche verbunden. Aber die Bewohner von Rhade erhielten eine Kapelle. Am 7. März 1489, berichtet die Chronik, versammelten sich Vertreter von Lembeck und Rhade auf dem Schloss und kamen unter Vorsitz des Patronatsherren überein, die Kapelle von Rhade „für alle Zeiten von der Mutterkirche“ zu trennen (Rhade, Beiträge zur Geschichte, Bd. II., S. 57). Die Kapelle sollte einen eigenen Pfarrer erhalten und mit allen Pfarrrechten ausgestattet werden. Für Lembeck gab es deswegen lange Zeit keine Notwendigkeit, die Kirche zu erweitern.
Auch wegen der Folgen des 30-jährigen Krieges stieg die Bevölkerungszahl kaum.
Reformationszeit und ihre Auswirkungen
Obwohl sich am Äußeren des Kirchengebäudes lange Zeit wenig änderte, bewirkten die Folgen der Reformation große Veränderungen. Die drei Epitaphe, Grabsteine der Patronatsherren, hinter dem heutigen Paravent des Tabernakels in der Kirche, nennen Namen, die an diese Zeit erinnern.
Auf dem linken Stein wird Bernhard von Westerholt genannt. Er heiratete sich 1526 in das Haus Lembeck ein, und er war es auch, der sich im Kampf gegen die Wiedertäufer in Münster einen Namen gemacht hatte.
Von 150 zwangsverpflichteten Münsterländern – darunter besonders auch Lembecker – ließ er vor der von den Wiedertäufern besetzten Stadt Münster riesige
Erdmassen aufschütten, um die Stadtmauern zu überwinden. Diesem Vorgehen war es zu verdanken, dass dem Spuk der Wiedertäufer in Münster nach 18 Monaten
(1535/36) ein Ende gemacht werden konnte (M. Steiger, Heimatkalender 2009, S. 155 ff).
Sein Sohn Bernhard von Westerholt der Jüngere, dessen Name auf dem mittleren Epitaph genannt wird, bekannte sich zum Calvinismus. Und das hatte Folgen.
Da nach dem Beschluss des Religionsfriedens von 1555 (Cuius regio, eius religio) die Religion des Patronatsherrn die Religion der Bevölkerung bestimmte, mussten sich alle Gemeinden, über die er das Patronat innehatte, nach dieser Regelung richten. So wurde 1570 die Pfarrstelle St. Laurentius Lembeck dem reformierten, in Lembeck geborenen und verheirateten Ludger Melder übertragen. Dieser Zustand währte bis 1621.
Das rechte Epitaph nennt Matthias, den ältesten Sohn von Bernhard von Westerholt dem Jüngeren als seinen Nachfolger. Er war ebenfalls Calvinist, und so blieb die eingeführte Regelung bestehen.
Erst dessen Nachfolger, sein jüngerer Bruder Johann von Westerholt, ebenfalls auf dem rechten Epitaph genannt, war katholisch und führte nach 51 Jahren die katholische Glaubensregelung auf dem Schloss und in der Pfarrei wieder ein (Lembecker Geschichten S. 52).
Das Kirchengebäude nach der Erweiterung
Wegen des eingangs erwähnten Brandes zu Beginn des 18. Jh. bleibt das Schicksal der Pfarre weitgehend im Dunkeln. Nur so viel ist zu erfahren: Richter Franz-Jakob Mearle (+ 1731), der Ende des 17. Jh. und Anfang des 18. Jh. das Vermögen und Einkommen als Kirchenmeister verwaltete, ließ in dieser Zeit Bänke für die Kirche erstellen. Zur Finanzierung verkaufte er die Sitzplätze an die verschiedenen Bauernschaften und legte ein namentliches Verzeichnis darüber an. Außerdem sorgte er für die Anschaffung einer neuen Orgel. Seit Mitte des 17. Jh. sind – mit zeitlichen Lücken – die Namen der Pfarrer bekannt. Danach waren von 1641 bis 1655 Henricus Kortendick und von 1655 bis 1665 Petrus Redderus Pfarrer in Lembeck.
Aus den von 1724 an erhaltenen Sterberegistern erfahren wir wieder Genaueres. Im gleichen Jahr starb der junge Pfr. Christian Krietemeier mit 35 Jahren. Sein Nachfolger Hermann Höckenkamp war von 1724 bis 1774 Pfarrer in Lembeck. Er sorgte besonders für die äußere und innere Ausgestaltung der Kirche.
1725 erhielt der Turm eine neue, schiefergedeckte Spitze, die mit Blei abgedichtet war. Der Lembecker Schmied Bernhard Sprenger fertigte ein Turmkreuz und Meister Dietrich Hillebrand lieferte einen aus Kupfer gefertigten Knopf und einen Hahn zur Zierde der Turmspitze. Auch die Turmuhr ließ Pfr.
Höckenkamp von dem Uhrmacher Jochim Munch instand setzen. Die Chronik vermerkt, dass all diese Maßnahmen recht beachtliche Summen verschlangen (Lembecker Geschichten S. 130).
1730 ließ Pfr. Höckenkamp den Raum an die Kirche anbauen, in dem heute die Evangelienstele steht. Damals diente dieser Raum als Sakristei und war vom Kirchenraum bis auf eine Türöffnung abgetrennt. In der Kirche ließ er die Madonnenstatue aus Sandstein (1743) aufstellen, die heute in der Trauerhalle steht. Die Pieta, die wir heute in der Kirche sehen, und die Laurentiusstatue, die heute in der Eingangshalle des Seniorenzentrums ihren Platz hat, stellte er ebenfalls in dieser Zeit in der Kirche auf.
An die bis dahin schmucklose Wand hinter dem schlichten Altar ließ er das Bild „Kreuzigung“ aufhängen, das bis zur Aufstellung des heute alten Hochaltars (1875) als Altarbild diente. Auf diesem Bild mit der Kreuzigungsgruppe, das heute in der „Kriegerkapelle“ hängt, ist rechts unten ein doppeltes Wappen abgebildet. Diese Wappen stellen links mit den Farben gelb/blau die Familie Raesfeld und rechts die Familie Westerholt/ Lembeck dar. Daraus können wir schließen, dass das Bild von den Ehepaaren Raesfeld/Westerholt gestiftet wurde. Neben den Wappen steht die Jahreszahl 1693, das
Jahr der Entstehung. Ebenfalls in dieser Zeit ließ der Patronatsherr die weiter oben genannten Epitaphe anbringen.
Auch zwei große Holzplastiken, die die nachösterliche Begegnung des auferstandenen Christus mit Maria Magdalena darstellen, erhielten damals einen Platz in der Kirche. Heute befindet sich die Figurengruppe im Pastorat.
Bis ins hohe Alter war Pfr. Höckenkamp um die Ausschmückung der Kirche bemüht. Noch mit 75 Jahren verstand er es, die Lembecker so für die Kirche zu begeistern, dass man die Anschaffung einer neuen Glocke anstrebte. Wegen der knappen Finanzmittel beschloss man, die neue Glocke vor Ort zu gießen. Auf Thesings Hof, (heute Hof Wöste) fand unter der Leitung von Meister Hundt der Glockenguss statt. „Der Guss dieser Glocke war allerdings recht rauh und
unregelmäßig und die Verzierungen wenig deutlich. Die Inschrift lautete: Ferdinandus Theodorus comes de Merveld in Lembeck, Hermann Hockenkamp pastor A 1764, den 14. Aug. Herr Vikarius Wilhelmus Bruns, Kirchenmeister“.
(F. Wiemeyer, Heimatkalender 1927). Pfr. Höckenkamp starb 1774.
Ihm folgte ein Jahr später Pfr. Wilhelm Tommel. Er war von 1775 bis 1803 Pfarrer in Lembeck. Über ihn heißt es im Sterberegister: „Er zeichnete sich aus durch Wissen und hervorragende Sprachkenntnis, war leutselig und umgänglich und hatte ein gesundes Urteil.“
(Lembecker Geschichten S. 52).
An anderer Stelle heißt es, dass er vielen französischen Geistlichen, die infolge der Französischen Revolution vertrieben worden waren, gastliche Aufnahme gewährte.
Sein Nachfolger war Friedrich Kellermann. Er war von 1803 bis 1816 Pfarrer in Lembeck. Er stellte den Lembecker Heinrich Mast zur Mithilfe in der Gemeindearbeit ein, um nicht wie üblich auf Aushilfe der Dorstener Franziskaner angewiesen zu sein. Als Heinrich Mast 1812 bei den Franziskanern eintrat, blieb die übliche Regelung der Aushilfe bestehen. Mit 47 Jahren starb Pfarrer Kellermann.
Ihm folgte Christoph Balduin, Freiherr von Droste-Senden, Pfarrer von 1817 bis 1857. Er setzte sich dafür ein, dass Lembeck eine Kaplanstelle erhielt und nicht mehr auf Aushilfe angewiesen war. Dem Pfarrer war besonders daran gelegen, das kirchliche Leben in der Gemeinde zu pflegen.
So gründete er 1825 die „Marianische Junggesellensodalität, eine Gemeinschaft, in der Jugendliche in verschiedenen Ämtern das kirchliche Leben in der Gemeinde mitgestalteten.
Pfr. Witte berichtet im Heimatkalender von 1929, dass Pfr. Droste-Senden ein Mann war „von ernstem energischen Wesen und auf strenge Zucht und Ordnung hielt. Er ging gegen Unsitten und Missbräuche unerbittlich vor. 1830 ließ er z.B. schriftlich erklären, dass er das Vogelschießen der Kinder wegen beobachteter Ausschweifungen (Tanz) nie mehr erlauben würde, solange er Pfarrer in Lembeck sei. Lembeck, den 2. August 1830.“ (Heimatkalender 1929, S.
86) Pfr. Droste-Senden wollte eine Vergrößerung der Kirche in Angriff nehmen, hatte auch schon Pläne für eine solche Maßnahme ausgearbeitet. Die finanziellen Verhältnisse ließen aber einen solchen Umbau nicht zu. Der Patronatsherr zog eine andere Lösung, um dem Raummangel zu begegnen, vor.
Nach seiner Meinung sollte der Platzmangel durch den Einbau einer Empore statt einer Erweiterung des Kirchengebäudes beseitigt werden. Dieser Vorschlag aber stieß beim Pfarrer und auch beim Kirchenvorstand wegen des dadurch entstehenden Lichtmangels auf große Bedenken.
Hinzu kam, so berichtet Pfarrer Witte, dass dem Pfr. Senden in dieser Zeit zunehmend grundsätzliche Bedenken für die Notwendigkeit der Erweiterung kamen. Wegen der wirtschaftlichen Not wanderten nämlich damals viele Lembecker nach Amerika aus, so dass Pfr. Senden der Meinung war, dass die Bevölkerung in Zukunft beträchtlich abnehmen werde (Pfr. Witte, Heimatkalender 1930).
Auch sein Plan, eine neue Orgel, die er wegen der defekten Orgel auszutauschen gedachte, konnte nicht ausgeführt werden, weil wegen der Teuerungen ebenfalls die Kosten nicht aufzubringen waren.
Als Pfarrer Balduin, Freiherr von Senden, am 16. April 1857 an einem Schlaganfall starb, wurde er auf dem Friedhof in Lembeck als
Ehrendomherr und Landdechant beigesetzt.
Über seinen Nachfolger, Pfr. Friedrich Alexander Franz Graf von Galen, Onkel des späteren Kardinals Clemens August Graf von Galen erfährt man Erstaunliches und es muss erlaubt sein, diese Persönlichkeit an dieser Stelle ausführlicher zu würdigen.
Nach seinem Amtsantritt 1857 kam man ihm in Lembeck zunächst mit großem Misstrauen entgegen, „weil man das Vorurteil hegte, dass er (wie sein Vorgänger) von hoher adeliger Geburt, die Interessen der niederen Stände weder verstehen noch vertreten würde.“ Dieses Zitat stammt aus dem Buch, das Theodor Hüsing, Kaplan unter Pfarrer von Galen, als Nachruf nach dem Tod seines Pfarrers verfasste. Was Theodor Hüsing unter dem Titel „Friederich Graf von Galen, Pfarrer von Lembeck – Ein Lebensbild“ schreibt, erinnert an Heiligenlegenden, allerdings würde es hier zu weit führen, alle Leistungen dieses Pfarrers zu nennen.
Das Misstrauen, das Pfarrer von Galen anfangs in Lembeck entgegenschlug, und das in der unglaublichen Grobheit gipfelte: „Mit zwei Pferden sind Sie hier angekommen, mit vier wollen wir Sie wieder fortschaffen,“ konnte der Pfarrer schon nach kurzer Zeit so wandeln, dass ihm bald mit der von ihm begeisterten Gemeinde Dinge gelangen, die, wenn man die Notzeit der damaligen Jahre bedenkt, kaum glaublich sind.
Auf einer Wallfahrt der Lembecker kurz nach seiner Amtseinführung zum Grab des heiligen Liudger nach Werden, erfuhren die Wallfahrer eine so menschliche und freundliche Nähe des neuen Pfarrers, dass sich die Meinung der Gemeinde vollständig wandelte.
Und er stieß nun auf offene Ohren, als er seinen Kummer über den tristen Zustand der Kirche der Gemeinde mitteilte. Als er in einer Predigt sagte: „Es
ist mir fast unmöglich, hier in dieser Kirche täglich beim heiligen Messopfer die Worte des Psalmisten zu beten: Ich liebe Herr die Zierde deines Hauses und den Ort der Wohnung deiner Herrlichkeit“, wuchs die Spendenbereitschaft der Gemeinde, so dass das Kirchengebäude von innen und außen vollständig renoviert werden konnte.
Den Plan des Patronatsherrn, die Kirche nicht zu erweitern, sondern durch eine weit in den Kirchenraum hineinragende Empore vor der Orgelbühne zu vergrößern, ließ er nun umsetzen. An der Ostseite des Chores errichtete man die sechseckige Sakristei und im Nordwesten eine Kapelle, die heutige Beichtkapelle. Den Raum, der bis dahin als Sakristei diente, ließ er durch einen Spitzbogen zum Kirchenraum öffnen, und so diente die ehemalige
Sakristei als Oratorium für den Patronatsherren (im Volksmund Grafensitz). Fast das ganze Kirchenmobiliar; Orgel, Kanzel, Taufstein, Bänke usw. ließ er erneuern.
Ebenfalls in dieser Zeit wurden zusätzlich mehrere Statuen in der Kirche aufgestellt: die Säulenheiligen Laurentius, Franziskus, Petrus und Paulus, die Marienstatuen „Maria mit Kind“ und „Maria Königin“ und die Statue der Hl. Elisabeth.
Auch sorgte Pfr. Graf von Galen dafür, dass die Gemeinde zum Lesen angeregt wurde, und eröffnete 1861 die Borromäus-Bücherei. Die schönste Ausschmückung aber erhielt die Kirche durch den eindrucksvollen Hochaltar. Die Tante des Pfarrers, Gräfin von Merveldt, geb. Freiin von Ketteler, Schwester des berühmten Mainzer Bischofs Wilhelm Emmanuel von Ketteler, schenkte der Kirche dieses herrliche Schmuckstück.
Über die Entstehung des Altars gibt es verschiedene Versionen:
Nach mündlicher Überlieferung und bestätigt durch Bernhard Mast, fertigte dessen Urgroßvater Johannes Mast, den Altartisch.
Eine alte Rechnung von 1861 (Privatbesitz B. Mast) belegt, dass er die heute noch existierende Kommunionbank passend zum Altartisch herstellte. Die Inschrift des Firmennamens L. Moelenbek aus Kleve im oberen Bereich des Altaraufsatzes lässt vermuten, dass dieser Teil des Altares erst später aufgestellt wurde (Lembecker Geschichten S. 53).
Aus der Chronik geht hervor, dass der Weihbischof von Münster, Johannes Bossmann die neu gestaltete Kirche mit dem neuen Altartisch und den Kommunionbänken im September 1861 konsekrierte. Während Pfr. von Galen diese Feier noch miterleben konnte, blieb es ihm versagt, die Vollendung des
Altares mit dem Aufsatz auch noch zu erleben. Die Vervollständigung des Altares erfolgte erst 1875 unter seinem Nachfolger.
Über all diese Aktivitäten hinaus berichtet Theodor Hüsing von der Sorge des Pastors um die Gemeindemitglieder. „Er unterstützte die Armen nicht nur durch Geldspenden, sondern schenkte ihnen auch Getreide, versorgte sie mit Baumaterial, Kleidungsstücken und Bettzeug, speiste fortwährend arme
Kinder, verschaffte armen Knaben einen Dienst oder ließ sie auf seine Kosten ein Handwerk erlernen und bot dürftigen Studenten die zu ihren Studien notwendigen Mittel.“
Kaplan Hüsing schildert in vielen Beispielen, wie genau der Pfarrer die Verhältnisse in der Gemeinde kannte und mit welcher Sensibilität er vorging, damit er bei der Unterstützung der Hilfsbedürftigen niemanden in eine peinliche Situation brachte. Als er einmal, so erzählt Kaplan Hüsing, „mit einem Sack auf dem Rücken auf einem solchen abendlichen Liebesgang wieder begriffen war, begegnete ihm der Totengräber, welcher in der Meinung, er (der Pfarrer) sei ein ihm bekannter Händler anredete mit den Worten:
Gud‘n Aobend, Jakob! Vandage häßt du aower ‚nen guden Handel makt! konnte sich der Pastor des Lachens nicht mehr erwehren.
Staunend erkannte der Totengräber jetzt, wen er vor sich hatte. Was der Sack enthielt, ist allerdings unbekannt geblieben.“ Darüber hinaus erfahren wir über Pfr. Friedrich Graf von Galen noch mehr Erstaunliches:
Friedrich von Galen war nicht nur ein engagierter Gemeindepfarrer, sondern auch ein glühender Patriot. Als der deutsch-dänische Krieg 1864 ausbrach, ließ er sich vom Bischof von Münster die Erlaubnis geben, als Militärseelsorger die kämpfenden Soldaten an der Front zu betreuen. So wurde er als
katholischer Seelsorger der Westfälischen Division zugewiesen, in der auch etliche Lembecker Soldaten kämpften. Während dieser Zeit stand er mit seinem Kaplan Hüsing in der Heimat in regem brieflichem Kontakt. Darum erfuhren die Lembecker schon frühzeitig, dass zwei Lembecker Soldaten beim Kampf auf den „Düppeler Schanzen“ schwer verwundet worden waren. Beide umsorgte Pfarrer von Galen in den Lazaretten. Als einer verstarb (Johann Kleine Sender),
beauftragte er brieflich seinen Kaplan, den Eltern des Toten die schreckliche Nachricht zu überbringen.
Nach der Beendigung der Kämpfe reiste Pfr. von Galen nicht gleich zurück nach Lembeck, obwohl es ihn unbändig zu seiner Pfarre zog. Vielmehr sah er es als seine Pflicht an, den vielen Verwundeten in den Lazaretten beizustehen. Hierbei soll er sich, selber durch den Krieg geschwächt, mit einer schweren Krankheit angesteckt haben. Nachdem er am 13. Mai 1864 von einer Reiterschar und Militärkapelle unter Glockengeläut und Böllerschüssen in dem mit Maien, Girlanden und Flaggen geschmückten Dorf mit großem Jubel empfangen wurde, starb Pfarrer Friedrich Alexander Franz Graf von Galen nur sechs Tage (!) nach diesem großen Empfang im Alter von gerade einmal 36 Jahren an seiner schweren Krankheit.
Auf Wunsch seiner Eltern wurde Pfr. von Galen in der Pfarrkirche seines Heimatortes Lippborg vor dem Altar beigesetzt. In der Inschrift auf der Marmorplatte dieses Grabes sind in kurzen Wortendie Stationen seines Lebensweges zu finden.
Die Kreuzigungsgruppe, die heute in der Lembecker Friedhofskapelle zu sehen ist, ließen die Eltern des Pfarrers zu seinem Gedächtnis auf dem Kirchhof der Lembecker Pfarrkirche als „Kalvarienberg“ aufstellen und zwar in einer offenen Kapelle, die allerdings wegen der Kirchenerweiterung 1936 abgebrochen werden musste. (M. Steiger Heimatkalender 2010, S. 135/36).
Nach der Erweiterung der Kirche fand die Kreuzigungsgruppe einen neuen Platz in der Gedächtnis- und Taufkapelle (heutige Beichtkapelle).
Erst nach der Umgestaltung der Kirche 2005/2006 erhielt diese Gruppe ihren heutigen Platz in der Friedhofskapelle. Wenn man bedenkt, dass Pfr. von Galen nur 7 Jahre in Lembeck Pfarrer war, hat er Unglaubliches für die Kirche und für die Gemeinde geleistet. Pfr. Dominikus Theißen folgte Pfr. von Galen im Jahr nach dessen Tod. Während seiner Amtszeit erfolgte 1875 die Vervollständigung des Hochaltars.
Mit dem überreichen Schnitzwerk im neugotischen Stil, das bis oben an das Kreuz in der Spitze reichte, wurde dieser Altar für die Gläubigen bis heute ein immer wieder bewundertes Kunstwerk. Pfr. Theißen trug darüber hinaus noch zur weiteren Ausschmückung der Kirche bei.
1878 beauftragte er den Künstler H. Windhausen mit der Gestaltung der Kreuzwegstationen, die seit dieser Zeit fester Bestandteil unserer Kirche sind.
Als Pfr. Theißen 1879 mit 54 Jahren starb, blieb die Pfarrstelle infolge des Kulturkampfes, wie viele andere Pfarreien in Deutschland damals, 7 Jahre unbesetzt. Der junge Neupriester Heinrich Osthoff versorgte die Gemeinde in dieser Zeit als Kaplan.
Da 1875 der Pfarrer von Rhade Theodor Bölting gestorben war, blieb diese Gemeinde wegen des Kulturkampfes ebenfalls unbesetzt und die Gläubigen mussten, wie in früheren Zeiten wieder nach Lembeck zur Sonntagsmesse gehen. Für die meisten Rhader war das ein weiter und (damals) beschwerlicher Weg nach Lembeck über staubige Sandwege und über eine morastige Stelle an der Lehmbecke (heute verrohrt), die sie nur mit mitgebrachten Steinen überqueren konnten. Der Name dieser Abkürzung von der Rhader Straße zur Kirche nannte sich lange „Rhader Weg“, heute „Steenpatt“. (Rhade, Beiträge zur Geschichte Bd. II. S. 121).
Die Gemeinde nach dem Kulturkampf bis zur Erweiterung 1935-1937
Erst 1886 nach dem Kulturkampf erhielt Lembeck wieder einen Hauptgeistlichen, nämlich Pfr. Heinrich Bollmann. Über ihn berichtet die Chronik, dass er die vier Farbfenster im alten Chorraum einbauen ließ. Wie schon oben erwähnt, war er der letzte Pfarrer, der mit Knecht und Haushälterin die Ländereien des Pfarrfonds noch selber bewirtschaftete. Erst nach seiner Amtszeit wurden die Grundstücke verpachtet. Wegen seiner Gebrechlichkeit in den
letzten Jahren seines Lebens musste Pfr. Bollmann mit einem Wagen zur Kirche gefahren werden. Er starb 1912 und wurde am 20. Januar auf dem „Neuen Friedhof“ beigesetzt (750 Jahre Pfarrgemeinde Lembeck, S. 21).
Nach seinem Tod trat Pfr. Franz Witte die Nachfolge an. Dessen Amtszeit wurde überschattet von den unruhigen Jahren des 1. Weltkrieges und der Weimarer Zeit. 1916 musste die „Sophienglocke“, und später auch die „Laurentiusglocke“ der Rüstungsindustrie überlassen werden. Sein Nachfolger, Pfr. Hermann
Roth würdigte die Verdienste von Pfr. Witte in seinen Erinnerungen und berichtet über die Pläne, die Pfr. Witte für eine Kirchenerweiterung von zwei verschiedenen Architekten hatte ausarbeiten lassen. Doch diese Pläne kamen nie zur Ausführung, weil sie entweder nicht gefielen oder ihre Ausführung viel zu teuer geworden wäre. Unablässig blieb Pfr. Witte aber bemüht, die Gemeinde anzuregen, durch verschiedene Aktionen, Geld für eine Erweiterung zu sammeln.
Schon waren 70.000 RM zusammengebracht, als wegen der Inflation 1923 alles verloren ging. Selbst als das Kirchendach schadhaft wurde, konnte es nur notdürftig mit teerfreier Pappe ausgebessert werden. Als Pfr. Witte 1935, fast 70-jährig, in Pension ging, konnte er seinem Nachfolger, trotz der wirtschaftlichen Notlage Ende der Zwanziger-und Anfang der dreißiger Jahre und der Arbeitslosigkeit vieler Lembecker, die Summe von 43.000RM übergeben.
Pfr. Witte lebte im Ruhestand zunächst in Vreden bis zur Bombardierung der Stadt und verbrachte die letzten Lebensjahre im Lembecker Michaelisstift.
Im März 1948 starb er und wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf dem Friedhof in Lembeck beigesetzt.
Kirchenerweiterung 1936/37
Pfr. Hermann Roth, der im April 1935 die Nachfolge von Pfr. Franz Witte in Lembeck antrat, sah es sofort als seine Aufgabe an, die Erweiterung des Kirchengebäudes anzustreben. In der Chronik berichtet Pfr. Roth sehr ausführlich über diese Zeit.
Wenige Monate nach seiner Einführung sei Graf von Merveldt auf ihn zugekommen und habe ihm angeboten, die Bruchsteine der im Jahr 1933 abgebrannten Burg Ostendorf in Lippramsdorf für den Kirchenbau zur Verfügung zu stellen. Auch bot der Graf seine tatkräftige Hilfe beim Transport der Steine an. Über dieses Angebot des Grafen informierte Pfr. Roth umgehend die Gemeinde in einer öffentlichen Versammlung in der Wirtschaft Stegemann und bat die
Lembecker, sich in den Dienst der guten Sache zu stellen.
Darauf erklärten sich viele Gemeindemitglieder bereit, an der Spitze Brennereimeister Fritz Cosanne und Landwirt Ferdinand Pasing aus Strock, sie würden alle Steine aus Lippramsdorf holen und die, welche nicht selbst fahren wollten oder könnten, würden pro Pferd 2 MK zahlen, damit die Steine mit dem Auto geholt werden könnten. „So kam die richtige Begeisterung für den Kirchenbau in die Leute, und die Sache konnte ihren Anfang nehmen.“
Mit großem Einsatz begannen nun viele Lembecker, Steine aus Lippramsdorf heran zu schaffen.
Pfr. Roth schreibt weiter, dass mit dieser Aktion allerdings der zweite Schritt vor dem ersten getan worden war, denn das Schwerste kam
noch. Es galt, den Provinzialkonservator umzustimmen, der absolut die alte Kirche restlos erhalten wollte. Er wünschte nämlich, die neue Kirche auf einem anderen Platz zu erbauen. Pfr. Roth und auch der Kirchenvorstand befürworteten jedoch den Plan vom Architekten B. Pöter aus Sterkrade, den Pfr. Roth von seiner vorherigen Tätigkeit in Sterkrade kannte. Der hatte nämlich die Idee, das ganze Kirchengebäude zu „drehen“ und ihm statt der West/Ost- eine Nord/Süd-Ausrichtung zu geben.
Dieser Plan stieß auf allgemeine Begeisterung und so konnte man schon im Januar 1936 daran gehen, die Pläne genauer auszuarbeiten und die Baugenehmigung
zu beantragen. Bevor diese Genehmigung allerdings erteilt worden war, begann man mit den Ausschachtungsarbeiten. Und Pfr. Roth schreibt weiter ausführlich: „Die Pfarrangehörigen, insbesondere die Bewohner des Dorfes, die keine Pferde hatten, und die kleineren Landwirte
erboten sich, bei den Ausschachtungsarbeiten unentgeltlich zu helfen.
Nahe hinter der Wirtschaft Hortmann, jenseits des kleinen Baches (Lehmbecke) hatte der Bauer Hortmann eine tiefliegende Wiese. Diese sollte mit der Ausschachtungserde ausgefüllt werden. Die Provinz gab die Erlaubnis, ein Feldbahngleis vom Bauplatz herab quer über die Straße zu legen. Nun war das Fortschaffen der Erde leicht. Alle Leute halfen, der eine noch fleißiger als der andere, und so wurden die vielen hundert Kubikmeter Boden in nicht ganz vier Wochen fortgeschafft. Ende März 1936 war die Arbeit fertig, ja sogar die Mauer im neuen Keller an der alten Kirche entlang, also die Nordwand des Kellers von Arbeitslosen gratis hergestellt.
Die Baugenehmigung kam am 28. April 1936. Großer Jubel war in der ganzen Gemeinde, als es hieß, die Baugenehmigung ist da, jetzt geht‘s bald los.“ Die bischöfliche Behörde genehmigte ebenfalls den vorgelegten Finanzierungsplan, nachdem der Anbau der Kirche vom Architekten Pöter auf 92.500 MK veranschlagt worden war.
Davon waren schon auf der Sparkasse 43.000 MK (von Pfr. Witte),
fest versprochen: 18.000 MK,
Zuschuss vom Grafen: 7.000 MK,
Zuschuss der bischöflichen Behörde: 11.000 MK
im Baujahr noch aufzubringen: 7.500 Mk
„Die Opferbereitschaft in der Gemeinde war so groß, dass schon im Baujahr selbst statt der veranschlagten Summe von 7.500 MK rund 14.000 MK neu aufgebracht wurden. Zwei Verlosungen wurden veranstaltet. Erste von der Vereinigung der Pferdeversicherung, es wurde ein Fohlen geschenkt von Bauer Böckenhoff und einige kleinere Werkzeuge verlost. Diese Veranstaltung brachte einen Reingewinn von 2.200 MK. Dann veranstalteten die Jungfrauen und
Mütter eine Verlosung. Hauptgewinn war eine schöne Standuhr, die ein dem Pfarrer befreundeter Herr von Sterkrade, Franz Heiermann, geschenkt hatte. Diese Verlosung brachte 1.600 MK.“ Über die Finanzierung der Erweiterung sind darüber hinaus aus der Chronik und auch aus mündlichen Quellen
bemerkenswerte Details bekannt. Ohne den hartnäckigen Einsatz von Pfarrer Roth wären die notwendigen Geldmittel nur schwer zu beschaffen gewesen.
In recht unkonventioneller Weise sammelte er nämlich, besonders bei Bauern, Gelder für die Kirche, und noch heute wird erzählt, dass Pfarrer Roth dabei auch schon mal einen Bullen oder anderes Vieh für diesen Zweck „konfiszierte“.
Die Ausschreibungen der zu erledigenden Arbeiten sollten nach Beschluss des Kirchenvorstandes möglichst an die örtlichen Betriebe vergeben werden.
Aufträge erhielten für Maurerarbeiten: Fa. Johann Heiming, Lembeck
Betonarbeiten: Arbeitsgemeinschaft Fa. Busch, Sterkrade und Fa. Johann Heiming
Zimmererarbeiten: Bernhard Mast, Lembeck
Klempnerarbeiten: Edmund Bohmann, Lembeck
Schreinerarbeiten:
Gerhard Wolthaus, Heide
Wolthaus, Wessendorf
Bernhard und Heinrich Bahde, Dorf
Bernhard Bohle, Dorf
Heinrich Heitmann, Dorf
Dachdeckerarbeiten: Johann Lommen, Bottrop
Malerarbeiten: Fa. Recker, Dorf
Fa. Wesselmecking, Lembeck
Steinarbeiten: Fa. Hermann Evers, Lembeck
zusammen mit Fa. Krüskemper, Dorsten
Um die Stimmung in der Gemeinde zu schildern, sei hier auch eine interessante Begebenheit erzählt, die Pfr. Roth in der Chronik hervorhebt:
„Erklärung“
Beim Gastwirt Bernhard Stegemann, Lembeck, Dorf 18, wurde heute am 10.03.1936 um 8.00 Uhr folgende Vereinbarung getroffen:
Die Anwohner der Mariannenstraße (Straße von der Dorfpumpe nach Wulfen), Einhaus Josef, Heitmann Franz, Heitmann Heinrich, Bohmann Edmund, Rosenbaum Karl, Geldermann Heinrich, Stegemann Bernhard, ferner Heidermann Alois, Heide, Kortenhorn Wilhelm, Heide, Vater Bohle, Dorf, Johann Velis, Dorf und Bellendorf Ludwig, Dorsten, verpflichten sich zu dem Kirchenneubau bzw. Vergrößerungsbau einen Tag Maurerarbeiten gratis zu leisten, der zu diesem Tag benötigte Zement wird von Einhaus Josef und Bohmann geleistet. Den Kalk hierzu liefert Bernhard Stegemann.
Nach Möglichkeit sollen die Arbeiten am Zementmauerwerk ausgeführt werden. Dem Unternehmer, welcher den Kirchenbau ausführt, hat hiervon bei der Vergabung der Arbeiten Kenntnis zu nehmen und das nötige Gerüst bzw. das nötige Handwerksgerät zur Verfügung zu stellen. Die Arbeiten werden
abends ausgemessen und dem Unternehmer in Abzug gebracht. Steine müssen dem Unternehmer von der Kirchengemeinde gezahlt werden.
Maurer: Heidermann Alois, Heide, Heidermann Franz und Stegemann Bernhard,
Handlanger: Rosenbaum Karl, Velis Johann und Ludwig Bellendorf,
Steinträger: Geldermann Heinrich und Kortenhorn Wilhelm.
Damit des mittags die Pause zum Einnehmen der Mittagsmahlzeit nicht allzu lange dauert, wird beim Wirt Stegemann Erbsensuppe gekocht und diese um 12.00
Uhr zur Baustelle gebracht. Hierzu liefert Ludwig Bellendorf für jede Person ein Stück Mettwurst und ein Eisbein. Erbsen, Kartoffeln und Gewürz liefert Bernhard Stegemann, desgleichen die Zubereitung.
Die Arbeiten sollen nach Möglichkeit auf einen Mittwoch ausgeführt werden. Als Polier: An diesem Tag Heitmann Heinrich. Wer an diesen Arbeiten an diesem Tag nicht teilnimmt, muss 10 Reichsmark für den Kirchenbau Lembeck entweder an Herrn Pfr. Roth oder an Bernhard Stegemann zahlen.
Für die Richtigkeit, Lembeck, den 10.03.1936. Bernhard Stegemann
Dies Versprechen wurde treu erfüllt; die Leute stellten den Betonfußboden im Keller her. Das Essen, an dem auch der Pfarrer teilnahm, war in der Wirtschaft Stegemann.
Bei dieser allgemeinen Bereitschaft der Gemeindemitglieder gingen die Arbeiten schnell voran, und schon am 26. April 1936 konnte der Grundstein gelegt werden. Zu diesem Anlass kam Weihbischof Roleff aus Münster und nahm feierlich unter großer Beteiligung der Gemeinde die Grundsteinlegung vor.
Ab Juli 1936, während der Hauptbauphase des Kirchenanbaus fanden die Gottesdienste im Saal Stegemann statt. Pfr. Roth hebt hervor, „dass der Wirt Bernhard Stegemann seinen großen Saal in großmütiger Weise, unentgeltlich zur Verfügung stellte und während der ganzen Zeit auf sonstige Benutzung des Saales verzichtet hatte.“
Nun konnten die gefährlichen Hauptarbeiten durchgeführt werden, die, wie Pfr. Roth mit großer Erleichterung berichtet, ohne Zwischenfälle verliefen. „So musste z.B. wegen der Anlage des Heizungskellers an der Süd-ostecke des Turmes solcher unterfangen werden, weil das Fundament nicht tief genug war.
Ferner war es eine gefährliche Arbeit, die alte Kirche an der Süd- bzw. Nordwand zu durchbrechen, das dazwischenliegende Steingewölbe abzubrechen und das Gewölbe vor dem Turm und vor dem alten Chor schön zu erhalten.“
Schon im Herbst 1936 war die Kirche im Rohbau fertig. Im Spätherbst und im Winter konnten die Innenarbeiten durchgeführt werden.
Über die Aufstellung des Hochaltars in der neuen Kirche schreibt Pfr. Roth: „Manche Bewohner von Lembeck wollten anfangs freilich den alten Hochaltar behalten, der auf das neue Chor gebracht werden sollte. Aber abgesehen davon, dass dies eine kostspielige und wegen der Gebrechlichkeit des Stückes gefährliche Sache war, waren die Geistlichen mehr für einen modernen, der besser in das Gesamtbild hineinpasste. Bei einem Besuch der gräflichen Herrschaft erklärte mir der Herr Graf, es sei alter Brauch, daß die Frau Gräfin den Hochaltar schenke.
Damit war ich natürlich einverstanden und so wurde nun der Hochaltar vom Architekten Schneider (Düsseldorf) entworfen und in Anlagen fertiggestellt und kurz vor dem angesetzten Termin der Kirchweih aufgebaut.“
Die neue Kirchengestalt
Im Unterschied zur alten einschiffigen Kirche gliederte sich der erweiterte Kirchenraum nun dreischiffig, in einem Hoch- und zwei niedrigen Seitenschiffen. Durch die „Drehung“ des Kirchenraums in Nord-Süd-Richtung ergab sich so eine Kreuzform, denn der Chorraum wurde nach vorn vorgebaut. Dadurch, dass es acht Stufen höher lag als der Gemeinderaum, erhielt der Chor einen Bühnencharakter. Die Gewölbe, Pfeiler und Simse waren dem alten Bau angepasst. Das Oratorium (damals Grafensitz) verlegte man zur anderen Seite des Chores an die Nordseite zu den Epithaphen (heutiger Tabernakelstandort). Der so freigewordene Raum wurde zur Marienkapelle.
Einweihung der Kirche
Am 18. Mai 1937, dem Vortag der Einweihung der Kirche empfing die Gemeinde mit großer Begeisterung an der Ortsgrenze Clemens August, Graf von Galen, den Bischof von Münster. Bei diesem Empfang trugen zwei Kinder ein Gedicht vor, das Lehrer Mellen verfasst hatte und das die Stimmung der Zeit wiedergibt:
ZUM EMPFANG
Du kommst zu uns. So lass dich freudig grüßen.
Und wisse, daß ein Sehnen nach dir rief.
So wie wir harrten auf der Blumen Sprießen,
so lag in unsern gläubigen Seelen tief,
als stilles Hoffen dieser frohe Tag,
da du gekommen, Segen in den Händen,
den Kindern heiliger Firmung Ritterschlag,
der Wehrhaft macht zum Glaubenskampf, zu spenden.
Da du gekommen, unser Heiligtum, das wir erbaut in einig festen Glauben,
in einig fester Kraft
zu Gottes Ruhm, zu weih‘n. – Wir lassen uns nicht rauben,
was uns und unsern Vätern heilig Wort!
Dies Wollen sei dir Dank, sei unser Grüßen,
lass, Herrgott, neuen Glauben in uns sprießen,
segne du, Bischof, uns und unsern Ort.
Am Abend dieses Tages, berichtet Pfr. Roth weiter, gab es eine interessante Begebenheit:
Es sollte für den Bischof ein Fackelzug durchs Dorf veranstaltet werden. „Aber im letzten Augenblick wurde der Zug von der Nationalistischen Behörde verboten. Jetzt gab es aber einen umgekehrten Zug. In Begleitung der Ortsgeistlichen ging der Bischof durchs Dorf und die Leute standen mit brennenden Fackeln an den Straßen und riefen dem Bischof zu: „Heil Clemens August“.
Voller Begeisterung liefen immer wieder kleinere und größere Jungens und Mädchen mit brennenden Fackeln hinter dem Bischof her mit lauten Heilrufen, sooft sie auch von der Polizei vertrieben und vom Hochwürdigsten Herrn lächelnd zum Fortgehen ermahnt wurden, mit den Worten: „Nun ist‘s aber genug liebe Kinder.“ Mit Tränen in den Augen fuhr dann der Bischof wieder zum Schloss, in dem er übernachtete und sagte:
„So viel guter Wille und so viel Liebe wird der Herr Gott segnen, das kann nicht verloren gehen.“
Am folgenden Tag, dem 19. Mai 1937 weihte unter großer Teilnahme der ganzen Gemeinde Bischof Clemens August Graf von Galen die mit vielen Kränzen festlich geschmückte Kirche. Die Feier stand unter dem Leitgedanken:
Unsere neue, dem hl. Bekenner und Märtyrer Laurentius geweihte Kirche soll uns immer ein Mahnmal unseres Glaubensbekenntnisses sein.
Am Tag darauf spendete der Bischof in der neuen Kirche den Firmlingen das Sakrament der Firmung. „So gingen die schönen Tage vorüber, aber unvergesslich
werden sie allen Pfarrangehörigen bleiben“, schreibt Pfr. Roth.
Anschaffungen für die neue Kirche
Auch wenn die Kirche jetzt eingeweiht war, so fehlten noch einiges an notwendigem Kirchenmobiliar und anderen wichtigen Einrichtungen. Zunächst musste die Kirchenheizung eingebaut werden. Die Lembecker Schreiner Bernhard Bahde, Heinrich Bahde und Gerhard Wolthaus sorgten in den folgenden Monaten für die Umarbeitung der alten und für die Fertigung neuer Kirchenbänke. Bis zur Fertigstellung dieser Arbeiten füllten diese Lücken 150 Stühle, die später im Kirchenkeller genutzt wurden. Darüber hinaus bekamen die Schreiner den Auftrag, die Borromäus-Bücherei im Kirchenkeller einzurichten.
Genau 2 Jahre nach der Kirchweihe am 19. Mai 1939 konnte die abschließende Baurechnung in Münster eingereicht werden. Die Endsumme betrug 136.320,00 RM.
In der Chronik gibt Pfr. Roth die interessante Feststellung des bischöflichen Archivs zu dieser Abschlussrechnung wieder:
„Vorstehende Baurechnung ist vom Kirchenvorstand geprüft worden und hat sich dabei nichts zu erinnern gefunden.“
Fenster
Pfr. Roth gab auch die Ausgestaltung verschiedener Fenster in Auftrag, da sie noch mit einfachem Kathedralglas ausgestattet waren. Von Prof. Wendling stammen die Entwürfe für die drei großen Fenster im Chor zu den Themen „Vertreibung aus dem Paradies“, „Kreuzigung“ und „Auferstehung“.
Er entwarf auch das Fenster „Verkündigung Mariens“ am heutigen Tabernakelstandort. Dieses Fenster stifteten die fünf in Lembeck geborenen Priester: Josef Rentmeister, Franz Hüls, Heinrich Krampe, Heinrich Cluse und Josef Cosanne.
Die Entwürfe der drei Fenster in der Meßdienersakristei „Maria“, „Ornament mit Kreuz“ und „Johannes“ stammen ebenfalls von Prof. Wendling, wurden aber wegen Materialmangels und der Kriegsgefahr erst nach dem Krieg eingesetzt.
Auswirkungen des Krieges
Die äußeren kriegsbedingten Schäden an unserer Kirche hielten sich zum Glück in Grenzen. Durch Artillerie-Treffer wurden zwar das Dach, das Gewölbe und auch einige Fenster beschädigt, das Kirchengebäude blieb aber unversehrt, obwohl drei Nachbarhäuser (Nottebohm. Liesen und Sprenger) durch Bomben schwer beschädigt wurden. Das Kirchendach wurde mit geliehenen Ziegeln notdürftig repariert, die Fenster mit Kathedralglas versehen. Die Schäden am
Mauerwerk durch eingedrungenen Regen machten allerdings später umfangreiche Sanierungsarbeiten notwendig.
Im letzten Kriegsjahr 1944/45 diente der Kirchenkeller den Dorfbewohnern als Luftschutzkeller. Im Gegensatz zu den relativ geringen äußeren kriegsbedingten Schäden am Kirchengebäude waren die Folgen des Krieges für die Gemeinde verheerend.
140 Lembecker verloren an den Fronten ihr Leben. Die Namen dieser Toten sind in der Kriegergedächtniskapelle auf 140 Kreuzen genannt. Die Namen der in den letzten Kriegstagen bei den Kämpfen um Lembeck getöteten in- und ausländischen Personen findet man auf den Kreuzen der Kriegsgräberstätte auf dem Friedhof.
Die Gemeinde im Nationalsozialismus
Der „Lembecker Fackelzug“ zu Ehren des Bischofs von Münster im Zusammenhang mit den Einweihungsfeierlichkeiten der Kirche macht deutlich, dass der Ungeist, der durch Deutschland wehte, auch in Lembeck zu spüren war. Die Chronik vermerkt, dass die „gutkatholische Gemeinde“ in Lembeck dem Nationalsozialismus sehr skeptisch gegenüber stand. Die Kreisparteileitung erteilte nach der Machtübernahme 1933 dem Ort Lembeck den Befehl, eine Parteigruppe zu gründen, da in allen Nachbargemeinden längst eine solche Gründung erfolgt war. „Gegen jedes nationalsozialistische Prinzip“ allerdings gestand sie den Lembeckern zu, ihren Ortsgruppenleiter selbst zu wählen.
In einer geheimen Sitzung mit dem damaligen Dorfpfarrer Witte fanden sich die Lembecker Honoratioren zur Gründung der Partei bereit. Sie wählten Lehrer Franz Schenuit, ‚einen gewissenhaften, tiefgläubigen Mann‘. Der „krasse“ (wörtliches Zitat aus der Chronik) SS-Mann Evers aus Heiden, der zuerst die Parteiführung übernehmen wollte, verlegte danach seine Tätigkeit nach Dorsten.
Solange Lehrer Franz Schenuit, Ortsgruppenleiter und Bürgermeister von Lembeck war (bis 1942), suchte er alle „krassen“ Vorschriften und Anordnungen der Partei die Spitze zu nehmen und überall versöhnend und vermittelnd einzugreifen, vor allem auch in religiöser Beziehung.
So konnte er einen auswärtigen Grenzer, der wegen angeblich persönlicher Beleidigung gegen Pfr. Roth eine Anzeige gemacht hatte, diesen dazu bewegen, seine Anzeige zurück zu nehmen, denn sie hätte für Pfr. Roth auch gefährlich werden können, weil sie politisch verstanden werden konnte.
„Wenn Schenuit es einrichten konnte, spielte er bei Gottesdiensten die Orgel, einmal sogar in Uniform. Er wurde denunziert und von der Kreisleitung verwarnt. Später galt er als Kirchenanhänger für politisch unzuverlässig.“ Die Chronik hebt ebenfalls die Aktivitäten des Kaplans Sellenscheidt hervor. Als das Verbot katholischer Vereine erlassen wurde, traf das natürlich auch die Gemeinde Lembeck. Die Präsides aller Vereine waren danach schon frühzeitig darauf „hingewiesen“ worden, so dass bei einer Beschlagnahmung durch die Gestapo kein Vermögen vorhanden war.
Kpl. Sellenscheidt wurde verschiedentlich, die Chronik vermerkt „wahrscheinlich aufgrund eines unbekannten Denunzianten“, vernommen und dessen Wohnung gründlich nach verdächtigen Dingen durchsucht.
„Sogar die Briefe seiner Mutter gehörten zum verdächtigen Material“.
Einmal wurde ihm vorgeworfen, einen „Messdienerverein“ gegründet zu haben, dann war es ein „Jungfrauenverein“, der darin gesehen wurde, dass der Kaplan zu Mädchen sprach, die sich wöchentlich zum Handarbeiten trafen. Wegen der Verdachtsfälle gegen Kpl. Sellenscheidt kam auch Pastor Roth in ein Kreuzverhör, um „vielleicht aus den Antworten eine Anklage gegen seinen Kaplan konstruieren zu können. Pastor Roth gelang es aber, die ganze Sache
so ins Lächerliche zu ziehen, dass „sogar einer der Gestapo lächelte“ und die Gefahr abgewendet war.
Wenn auch all die Vorgänge zunächst nicht so bedeutsam erschienen, so wurde doch durch die Amnestie, die nach dem Einmarsch Hitlers ins Sudetenland 1938 erlassen wurde, deutlich, dass der Kaplan wirklich in Gefahr gewesen war, „denn auch seine Sache falle unter die Amnestie“. Darüber war der Kaplan selbst überrascht.
Als Kpl. Sellenscheidt 1939 auf einer Hochzeitsfeier eine kleine Ansprache hielt und die Hochzeitsgäste zu einer Spende für die Kirche ermunterte, erwähnte er unvorsichtigerweise dabei, dass der Pastor durch kleine Sammlungen bereits 3.000 RM zusammengebracht hätte. Bald darauf wurde der Kaplan versetzt. Darauf „erschienen beim Pastor an einem Sonntagmorgen drei Herren von der Staatsanwaltschaft in Essen, um die 3.000 RM zu beschlagnahmen. Es waren unter den Hochzeitsgästen auch einige Nazis aus Borken gewesen, die die Sache von den Kollekten angezeigt hatten. Der Staatsanwalt, der selbst
innerlich sicher kein Nazi war, legte dem Pastor die Antworten auf seine Fragen selbst in den Mund, so dass die Summe von 3.000 RM auf 600 RM gedrückt wurde. Diese sollte innerhalb von zwei Monaten gezahlt werden.
Der Pastor legte die Sachlage am folgenden Sonntag von der Kanzel den Lembeckern vor, dann veranstaltete er am zweiten Sonntag eine Sammlung in der Kirche, die rund 900 RM brachte, welche Apotheker Hagedorn, der zwar äußerlich zur Partei gehörte, aber kein wirklicher Nazi war, im Pfarrhaus selbst auf 1.000 RM erhöhte.“ Nach Kpl. Sellenscheidt versah Kpl. Josef Deutskens bis zu seiner Einberufung 1941 die Kaplanstelle. Ihm folgte der Steyler Pater Hermann Unterberg für ein viertel Jahr, und nach ihm kam der Jesuitenpater Johannes Krabbe. Über ihn vermerkt die Chronik, dass er durch seine Predigten bald große Sympathien in der Gemeinde gewann. „Aber im jugendlichen Eifer und in jugendlicher Unvorsichtigkeit ging er oft weiter, als die Zeitverhältnisse es erlaubten. So gebrauchte er in einer Predigt den Ausdruck am Stephanustag: Ein waschechter Kommunist ist besser als ein lauer Christ. Er suchte dieses Wort zu erklären durch den Ausdruck des Heilandes: O, dass du doch kalt wärst oder warm usw.“
Einige Nazis hatten ihm schon längst mit Anzeige gedroht. Jetzt, nach dieser Predigt wurde er bei der Kreisleitung denunziert. „Pater Krabbe wurde nach Münster zitiert zur Gestapo. Schon war die KZ-Strafe für ihn bestimmt. Durch das Eingreifen des Schuhmachermeisters Bernhard Lohbreyer konnte die KZ-Strafe in eine Geldstrafe von 3.000 RM und eine Verwarnung umgewandelt werden. Da der Pater diesen Betrag nicht zahlen konnte, streckte der Pastor
ihn aus Kirchengeldern vor und machte dann in der Kirche folgendes bekannt: „Wer dem Pastor zur freien Verfügung Geld schenken will, der möge etwas in den bestimmten Opferkasten legen.“
Die Gläubigen, die genau wussten, worum es sich handelte, brachten in ganz kurzer Zeit den vollen Betrag auf. Dieser Vorfall ist der letzte
unter den zahlreichen Schikanen und Belästigungen der Geistlichen, die in der Chronik vermerkt sind.
Als im März 1945 die „feindliche“ Besatzung kam, konnte Pater Krabbe der Einwohnerschaft von Lembeck noch manchen Dienst erweisen, weil er wegen seiner englischen Sprachkenntnisse oftmals bei den Amerikanern und Engländern für die Gemeinde eintreten konnte.
Kirchengemeinde nach dem Krieg
In der Chronik drückt Pfr. Roth seinen Dank an alle aus, die ihn im Laufe seiner Amtszeit unterstützten. Den Grundstock für diese Anschaffung bildete eine Sammlung des „Müttervereins“.
Die Kunstglaserei Reningshausen aus Lünen setzte die schon vor dem Krieg von Prof. Wendling entworfenen drei Chorfenster ein. Ebenfalls erhielten die Fenster in der damaligen Taufkapelle (heutige Beichtkapelle) eine Kunstverglasung mit den Symbolen für Taufe, Tod und Auferstehung. Dazu erhielt die Kirche in dieser Zeit einen neuen Liedanzeiger. An dieser Stelle würdigt die Chronik besonders die Verdienste des Hauptlehrers Weichselbaum, der seit 1946 die Chorleiter- und Organistenaufgabe übernommen hatte und wegen einer Versetzung 1952 abgeben musste.
Seine Aufgabe übernahm im November 1952 der junge Bernhard Wolthaus, „der trotz seiner Jugend das Amt des Organisten und Chorleiters ausführte und ein Meister auf der Orgel wurde“, so die Chronik. An dieser Stelle muss hervorgehoben werden, dass Bernhard Wolthaus somit im Jubiläumsjahr 2017 sein 65. (!) Organisten- und Chorleiterjubiläum feiern kaonnte.
Pfr. Teeke war es ein großes Anliegen, für eine neue Orgel in der Kirche zu sorgen, da die alte Orgel von 1860 Schäden durch Holzwurmbefall aufwies. Die Mittel für eine solche Anschaffung waren allerdings enorm (42.000 DM).
Verschiedene Aktionen, die diesen Betrag erbringen sollten, fanden in der ganzen Gemeinde großen Anklang. So konnte am Sonntag, dem 21. Juli 1957 die neue Orgel festlich eingeweiht werden, nachdem die Schreinermeister Heinrich Bahde und Gerhard Wolthaus die Holzverkleidung der Orgel und die Brüstung der Orgelbühne gefertigt hatten.
Im folgenden Jahr (1958) ließ Pfr. Teeke, passend zu dem dunklen Marmor des Altars Kommunionbänke und eine Kanzel aus hellem Marmor aufstellen. Zudem erhielt die Kirche eine neue Lautsprecheranlage. Seit 1961 gestalten die Krippenbauer zu Weihnachten die Krippenlandschaft in der Kirche mit
handgeschnitzten Figuren aus Oberammergau. Die Kunstgewerbelehrerin aus Wulfen, Frau Kemper, stattete die Figuren mit Gewändern aus.
1962 baute die Firma Hupperts aus Aachen eine neue Heizanlage in der Kirche ein.
750 Jahre Pfarrgemeinde Lembeck (1967)
Seit Mitte der sechziger Jahre erhielt der Dorfkern um die Kirche herum ein völlig neues Gesicht. Da das Kriegerdenkmal vor der Kirche, das der Kriegstoten des Ersten Weltkrieges gedachte, sehr verwittert war und nicht mehr dem Zeitgeschmack entsprach, sollte ein neues Denkmal gestaltet werden,
das an die Toten beider Weltkriege erinnern soll.
Nach einem Kunstwettbewerb erhielt der Entwurf des Künstlers Kleinhans aus Sendenhorst den Zuschlag. Seine beeindruckende reliefartige Plastik aus Bronze erhielt 1967 den neuen Platz an der Südseite des Kirchturms.
Der freigewordene Platz des alten Denkmals gab nun Raum für die Anlage einer großen Freitreppe zum erhöhten Kirchplatz. Das Jahr 1967 stand im Übrigen
ganz im Zeichen des Jubiläums „750 Jahre Pfarrgemeinde Lembeck“. Die Chronik berichtet von übergroßer Begeisterung und Teilnahme der ganzen Gemeinde an diesen Festtagen. Ein kurzer Auszug eines Zeitungsberichtes in der Chronik gibt die Stimmung bei dem Festumzug durch das ganze Dorf wieder:
„Tausende von Zuschauern, die aus dem ganzen Landkreis und den umliegenden Städten und Dörfern gekommen waren, säumten die Straßen. Was sie in diesem
farbenfrohen Umzug sahen, wird ihnen noch lange in Erinnerung bleiben.“
Der Gesamterlös der Feiern des Jubiläumsjahres reichte zur Finanzierung einer elektrischen Turmuhr, die die Fa. Diegner & Schade aus Dorsten 1968 einbaute. 1968 gestaltete der Künstler Kleinhans eine bronzene Kirchentür als Kirchenportal an der Westseite des Turmes. Die Gestaltung dieser Tür nahm
den Gedanken des 1967 fertiggestellten Kriegerdenkmals an der Südseite wieder auf.
Kirche und Gemeinde nach dem Konzil
Nicht nur äußerlich hatte sich das Kirchengebäude in den sechziger Jahren verändert. Das Konzil in Rom (1962-1965) brachte mit seiner Neuausrichtung der Kirche tiefgreifende Umgestaltungen mit sich. Der Grundgedanke des Konzils, jeder Getaufte, ob Kleriker oder Laie, steht als mündiger Christ in der Mitverantwortung für den christlichen Glauben. Dieser Gedanke führte zur Reform der Liturgie. Für die Feier der Eucharistie hatte das zur Folge, dass der Priester am Altar zum Volk hingewendet im Kreise der versammelten Gemeinde (circumstantes) die Messe feiert. Die Laien nehmen an dieser Feier aktiv durch verschiedene Dienste teil (Lektoren- und Kommunionhelfer). Wegen dieser Neuausrichtung wurde der Altar in der Kirche nach vorn gerückt
und der bisherige Altar als Sakramentsaltar mit dem Tabernakel erhalten. Aus dem alten Chorgestühl ließ Kaplan Bocke das Ambo fertigen, hebt die Chronik hervor.
Durch die Gründung verschiedener Gremien sollte auch die Mitverantwortung der Laien am kirchlichen Geschehen deutlich werden. Im September 1966 fanden vorbereitende Gespräche zur Gründung des Pfarrkomitees statt, dessen Vorsitz nach der Wahl 1967 Baronin von Twickel übernahm. Ganz im Sinne der Mitarbeit der Gemeinde erschien im Oktober 1969 die erste Ausgabe von „aktuell“.
Als Redaktion zeichneten damals Kaplan Keysers, Herr Chronz, Herr Liesenklaas und Herr Weiland verantwortlich. „aktuell“ sollte als Mitteilungsblatt „von der Gemeinde für die Gemeinde“ gestaltet werden. Pfr. Teeke schrieb damals das Vorwort.
Pfr. Teekes Amtszeit endete mit seinem Tod am 12. Oktober 1970. In einer großen Begräbnisfeier nahm die ganze Gemeinde, der Pfr. Teeke 21 Jahre als Pfarrer vorgestanden hatte, Abschied. Im Dezember 1970 folgte ihm Alfred Bonse als Pfarrer, der bis zu dieser Zeit Religionslehrer am St. Ursula
Gymnasium in Dorsten tätig war. Pfr. Bonse kannte die Gemeinde St. Laurentius Lembeck von seinen Aushilfen her sehr gut. Während
seiner langen Amtszeit (1970-1996) wurden mehrere Bauprojekte in Angriff genommen. 1973 errichtete man die Friedhofskapelle. Im gleichen Jahr erhielt Lembeck einen zweiten Kindergarten. Pfr. Bonse weihte den neuen Don-Bosco-Kindergarten ein.
1980 wurde nach langen Vorplanungen das Pfarrheim fertiggestellt. Es sollte Raum bieten für Tagungen der verschiedenen Gremien des Pfarrgemeinderates
(vorher Pfarrkomitee), dem Seniorenkreis, der Frauengemeinschaft, der Landjugend, dem Kolpingsverein und der KAB, dem TOT, dem Jugendkomitee, den Lembecker Chören und dem Meditationskreis. Während der Amtszeit von Pfr. Bonse wurden darüber hinaus sowohl außen, als auch innen erhaltende Maßnahmen am Kirchengebäude ausgeführt.
Außen:
– Verschieferung des ganzen Kirchendaches und des Turmes (1983/84),
– Abdecken der Fensterrippen und Stützpfeiler (1985),
– Erneuerung der Dachrinnen (1984/85),
– Verfugen der Westseite des Turmes (1995),
– Anbringen von Schutzgläsern vor den Chorfenstern (1994/96).
Dazu kamen Restaurierungen im Inneren der Kirche an folgendenStatuen:
– Anna Selbdritt (1977/78),
– St. Michael und St. Laurentius I. (1978),
– Dominikusgruppe (1986/87),
– St. Laurentius II. (1987/88).
Außerdem ließ die Kirchengemeinde die Kreuzwegstationen (1983/84) und den alten Hochaltar (1988) restaurieren. 1984 erhielt die Kirche einen neuen Anstrich. Die Malerarbeiten führte die Firma Mäsing aus Borken aus. Ende der achtziger Jahre entdeckte man im Kirchenkeller farbige Fensterteile aus dem Fenster der Südseite der alten Kirche. Nach ihrer Restaurierung entstand aus ihnen das neue Turmfenster. Von weiteren Resten wurde ein Fenster über der Tür zur Messdienersakristei gestaltet. Mit den ausgebauten Gläsern des Turmfensters stattete man die Obergaden des Chores aus.
1992 spendete die Kolpingsfamilie Lembeck der Kirche eine holzgeschnitzte Josefsstatue und eine Bronzestatue des seligen Adolf Kolping, die vor dem Kirchplatz einen würdigen Standort erhielt.
Die große liturgische Umgestaltung der Kirche 2005/2006
Wie oben ausgeführt, machte die Liturgiereform des Konzils auch Änderungen in unserer Kirche notwendig. Die Umgestaltungen im Innern der Kirche wenige Jahre nach dem Konzil in den sechziger Jahren waren dem Grundgedanken der Liturgiereform nur zum Teil nachgekommen. Durch den „Stufenberg“, der den Chorraum vom Gemeinderaum trennte, war der „Bühnencharakter“ des Chores erhalten geblieben und die Trennung von Chor- und Gemeinderaum blieb durch die „Kommunionbankschranke“ besonders betont.
Als Pfr. Bonse 1996 in Pension ging und Pfr. Theodor Webbeler im März des gleichen Jahres sein Nachfolger wurde, setzte er sich zum Ziel, der Gemeinde bis zu seiner Pensionierung 2005 eine renovierte Kirche und einen neu gestalteten Kirchplatz zu hinterlassen. Ihm war besonders daran gelegen, den
großen Kirchraum so zu gliedern, dass auch für eine kleinere Gruppe der Gottesdienstbesucher ein separater Raum entstand. Sogar die Genehmigung für eine solche Umgestaltung war vom Generalvikariat Münster schon erteilt worden. Sein plötzlicher Tod am 23. Oktober 2002 stoppte die Ausführung. Als Dr. Johannes Kreier als Pfarrverwalter im Dezember 2002 die Pfarrstelle übernahm, regte er eine Umgestaltung des Innenraums der Kirche nach den Vorgaben des
Konzils an.
Sowohl der Kirchenvorstand als auch der Pfarrgemeinderat stimmten seinen Vorstellungen zu und informierten die ganze Gemeinde darüber in einer Pfarrversammlung am 28. September 2003. Die Pläne stießen allerdings in der Gemeinde zum Teil auf heftigen Widerspruch. Da Dr. Kreier schon nach 8 Monaten das Amt des Pfarrverwalters in Lembeck abgab, weil er die Aufgabe eines Studentenpfarrers in Saarbrücken übernahm, beschlossen der KV und der PGR die Umgestaltung der Kirche bis zur Amtsübernahme eines neuen Pfarrers zurück zu stellen.
Monate vor seiner Amtseinführung (01. Februar 2004) signalisierte der designierte Pfarrer Alfred Voss seine Bereitschaft, sich für die geplante Umgestaltung der Kirche einzusetzen. Wenige Tage darauf, schon am 04. Februar 2004, ergab ein Gespräch mit der Kunstkommission und dem Bischöflichen Bauamt aus Münster, dass der Kirchenraum nach den neuesten Gesichtspunkten der Liturgie ganz grundsätzlich in größerem Rahmen umgestaltet werden sollte. Die Gremien aus Münster schlugen den Mitgliedern von KV und PGR vor, sich Kirchen anzuschauen, die nach dem neuesten Liturgieverständnis umgestaltet worden sind, und zwar in Moers, St. Barbara, in Kamp-Lintfort, St. Josef und in Recklinghausen, St. Antonius.
Die Sinnhaftigkeit des neuen Verständnisses von Liturgie kam nach Meinung der großen Mehrheit der Mitglieder in allen drei Kirchen sehr klar zum Ausdruck, und sie waren so vom Sinn der Umgestaltung auch der Laurentius-Kirche überzeugt. Der Gemeinde erläuterte Pfarrer Voss in verschiedenen Ausgaben von „aktuell“ die Umbaupläne und den ihnen zugrunde liegenden Grundgedanken der Liturgie: Jeder Getaufte, so stellte das Konzil
erstmalig heraus, ob Kleriker oder Laie, steht als mündiger Christ in der Mitverantwortung für das Leben im christlichen Glauben. Dieser Grundgedanke kommt erst im umgestalteten Kirchenraum, im Grundmodell des „Circumstantes“, der Versammlung aller um die Mitte herum, dem Altar, zum Ausdruck.
Der Priester schließt sozusagen am Altar den Ring der „Umstehenden“ mitfeiernden Gemeinde. In einer Computeranimation gab Architekt Ralf Badura einen Blick in die so umgestaltete Kirche. Trotz all dieser Erläuterungen und Informationen lösten die Pläne in der Gemeinde zum Teil lebhafte Diskussionen aus. Auch ein Holzmodell der neugestalteten Kirche, das in der Pfarrversammlung am 28. März 2004 der Gemeinde vorgestellt wurde, machte die Umbaupläne zwar deutlicher, ließ aber die Kritik von einigen Seiten wegen finanzieller Gesichtspunkte nicht verstummen. Im Namen des KV wies Pfarrer Voss darum darauf hin, dass auch in Absprache mit dem Bistum der Gemeinde garantiert kein wirtschaftlicher Schaden entstehe. Trotzdem startete am Palmsonntag, dem 12.03.2005 eine Initiativgruppe eine Umfrageaktion zum Thema „Kirchenumbau“.
Die Auswertung und Bewertung der Fragebögen wurde allerdings aus mehreren Gründen schwierig, da nur rund ein Viertel der Gemeindemitglieder, (755 von 3200) an der Umfrageaktion teilnahm und von diesem Viertel nur 277, nicht einmal ein Drittel, zum Teil anonym, den Fragebogen zurückgab (mit leider zum Teil unqualifizierten Bemerkungen). Hinzu kam noch die Schwierigkeit der Bewertung, da die Beantwortung der Fragen Vorkenntnisse über bautechnische und wirtschaftliche Maßnahmen und auch Informationen über die wirtschaftliche Situation der Gemeinde erforderte.
Im Grunde machte die Aktion aber deutlich, dass der größte Teil der Gemeindemitglieder den geplanten Umbaumaßnahmen offen gegenüber stand und sogar mit Lob und Anerkennung unterstützte. Da die Umfrage ebenfalls ergab, dass ein Großteil eine geplante Bodenheizung und die Anschaffung neuer Kirchenbänke als unnötige finanzielle Belastung ansah, verzichtete der Bauausschuss zum Teil auf diese geplanten Maßnahmen. Auch die Pläne zur Renovierung des Kirchplatzes stießen anfangs auf ein geteiltes Echo in der Gemeinde. Aber der bestehende Bodenbelag war so schadhaft, dass eine neue Pflasterung unbedingt durchgeführt werden musste.
So konnte man im November 2004 mit den Baumaßnahmen nach den Plänen vom Architekturbüro Risthaus und in Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro Cosanne beginnen. Nach monatelanger Arbeit unter Mithilfe vieler Lembecker Vereine, besonders der Kolpingsfamilie, des Vereins der Gartenfreunde und auch der Feuerwehr freute sich die Gemeinde bei der feierlichen Einweihung des Kirchplatzes am 04. April 2005 über die gelungene Gestaltung.
Im gleichen Monat schon, am 21. April 2005, genehmigte das Bischöfliche Generalvikariat in Münster die Innensanierung der Kirche und die Umgestaltung des Chorraumes. Und schon am 30. Mai 2005 begann man mit den Bauarbeiten in der Kirche, die zum großen Teil Lembecker- bzw. ortsnahe Firmen durchführten. Die Gottesdienste fanden in dieser Zeit im Pfarrheim -, die Sondergottesdienste anlässlich von Trauungen, Silber- und Goldhochzeiten
in den Kirchen der Nachbargemeinden statt. Die Karmelitinnen öffneten ihre Michaeliskapelle für die Tauffeiern.
Bereits am 24. Juli 2005 konnte sich die Gemeinde vom Stand der Umbaumaßnahmen in der für alle offenstehenden Kirche ein Bild machen und sowohl Einblick in die notwendigen und umfangreichen Sanierungsarbeiten gewinnen, als auch schon sehr anschaulich die eigentliche Umgestaltung der Kirche erkennen: In der Mitte der Vierung, die durch die Kreuzung der Baukörper der Kirche 1936 entstanden war, wurde für alle Interessierten schon der neue Standort
des zukünftigen Altares deutlich. Auch die weiteren Baufortschritte verfolgten die Gemeindemitglieder mit großem Interesse, das
durch Berichte in „aktuell“ und auch in der lokalen Presse wach gehalten wurde.
Am Sonntag, dem 04. Dezember 2005, standen erneut die Türen der Kirche offen und alle Gemeindemitglieder waren eingeladen, sich über den neuesten Stand der Umbaumaßnahmen zu informieren. Altar und Ambo als Modell aus Styropor in der Farbigkeit des Anröchter Dolomit standen an den vorbestimmten Stellen.
Die Form des mächtigen Altarsteins, die auf vier Steinblöcken ruhende Mensa (Altartisch) ließ unmittelbar die Symbolik der Gestalt erkennen.
Vier Evangelisten tragen den wesentlichen Teil, „unsere Mitte“. Auch ein Teil des Bodenbelags aus Jura-Steinplatten in dezentem Grün-Beige und die in gebrochenem weiß gestrichenen Wände gaben allein schon einen Eindruck von einem Gotteshaus, das durch seine Helligkeit sehr einladend wirkte.
Als am 12. März 2006 Weihbischof Josef Voß, in Vertretung des erkrankten Diözesanbischofs Reinhard Lettmann feierlich den Altar weihte, füllte sich das in hellen Farben einladende Gotteshaus bis auf den letzten Platz mit staunenden Besuchern. „Die Mitte wieder finden“ stand als Motto über der feierlichen Veranstaltung. Unter dem gleichen im übertragenen Sinne verstandenen Motto schloss sich eine Glaubenswoche an.
„Neue Strukturen für die Seelsorge“
Zu diesem Thema hielt Weihbischof Josef Voß am 20. September 2005 bei einer Versammlung in St. Josef Dorsten-Hervest einen Vortrag, in dem er auf notwendige Konsequenzen hinwies, die sich aus der veränderten seelsorglichen Situation in einer pluralistischen, säkularisierten Gesellschaft ergeben.
Die Überlegungen der Bistumsleitung zu solchen Neustrukturierungen der Seelsorge stellte Weihbischof Voss in einem Schreiben vom 31. Oktober 2006 an alle Gemeinden im Dekanat Dorsten ausführlicher dar und rief gleichzeitig alle zu einer intensiven Zusammenarbeit auf, damit ein vertrauensvolles Zusammenwachsen gelinge. In diesem Schreiben nannte der Bischof auch die nach den Vorgaben des Bistums zusammen zu legenden Gemeinden im Dekanat.
Im Dorstener Norden sollten demnach die Gemeinden St. Matthäus/Wulfen mit Herz-Jesu/Wulfen-Deuten und St. Barbara/Wulfen-Barkenberg, sowie St. Laurentius/Lembeck und St. Urbanus/ Rhade zu einer Pfarrei zusammenwachsen. Ganz besonders wichtig war es dem Bischof dabei, darauf hinzuweisen, das Ziel der neu zu bildenden Gemeinden müsse sein, dass alles, was in einem Seelsorgebereich lebendig ist, auch weiterhin gestärkt und unterstützt
werden solle. Am 27. Januar 2009 sprach der Leiter der Fachstelle, Gemeindeberatung, Andreas Fritsch im Lembecker Pfarrheim zu den Geistlichen und Vertretern der Kirchenvorstände und Pfarrgemeinderäte aller Nordgemeinden über die erforderlichen Schritte einer Fusion und betonte, dass nicht mehr die Frage nach dem „Warum?“ sondern das „Wann?“ und „Wie?“ beantwortet werden müsse. Alle Anwesenden waren sich einig, einen Fahrplan der Fusion auszuarbeiten.
Obwohl Dechant Ulrich Franke in der Presse versuchte, entstandene Unsicherheiten und Sorgen zu lösen, die wegen der Strukturveränderungen in den Gemeinden zu beobachten waren und gleichzeitig auf die Chancen und Synergieeffekte einer Zusammenlegung aufzeigte, gab es in der gleichen Pressemitteilung am 18. März 2009 starke Bedenken gegen die geplante Fusion. So wies Pfarrer Ludger Ernsting darauf hin, dass die Stärke und das
Wachstum der Anfänge der Kirche gerade in der erlebbaren Gemeinschaft entstand, in einer Gemeinschaft, in der man um die Nöte und Freuden des anderen wusste.
Zu offenem Widerspruch gegen die Fusionspläne kam es in St. Matthäus Wulfen und Herz-Jesu Deuten, weil sie das Ende ihrer rechtlichen und finanziellen Selbständigkeit als „Pfarrgemeinde“ fürchteten. Sie schlugen als Alternative eine Pfarreiengemeinschaft vor. Über diese Auseinandersetzungen, die
bei einem Gespräch mit Weihbischof Voss, Generalvikar Norbert Kleyboldt und den Vertretern des KV und des PGR in Wulfen geführt wurde, berichtete Pfarrer Voß in „aktuell“ am 07. Juni 2009: „Es wurde keine Einigung erzielt. Die Bistumsleitung blieb bei der sogenannten „Großen Lösung“, d.h.
der Fusion von fünf Gemeinden. In „Kirche und Leben“ stellte Generalvikar Norbert Kleyboldt allerdings am 04. Oktober dar, dass es im Dorstener Norden nach den vielen Gesprächen eine schnelle Fusion nicht geben werde, dass aber grundsätzlich am Fusionskonzept festgehalten werde. Auch auf einer
Sitzung in St.Barbara Barkenberg am 24. Februar 2010 vertraten die Mitglieder von KV und PGR der beiden Gemeinden beharrlich ihre negative Einstellung zur Fusion und hielten an ihrer Alternative fest.
Obwohl Generalvikar Kleyboldt und der Leiter der Personalabteilung, Herr Koeppen, zusicherten, dass im Falle einer Fusion so wenig wie möglich zentralisiert werde und die Eigenständigkeit der Gemeinden erhalten bliebe, und somit die Furcht vor dem Verlust der Identität einer Gemeinde nicht
berechtigt sei, blieb es bei der Ablehnung. Die verschiedenen Informationen und Irritationen, die durch die Berichterstattungen entstanden waren, nahm Bischof Felix Genn zum Anlass, den Gemeinden eine Seelsorgeeinheit vorzuschlagen und er äußerte gleichzeitig in seinem Brief vom 05. Juli 2010 an alle Gemeinden, dass diese Lösung einen Übergang schaffen möge, die ein friedliches und gedeihliches Zusammenwachsen aller Gemeinden ermögliche.
Quelle: Theo Arentz
Die Lembecker Kapläne
Der Lembecker Pfarrer Christoph von Droste zu Senden erhielt 1826 das Recht auf einen ständigen Kaplan in seiner Pfarre. Vorausgegangen waren schwierige Verhandlungen mit der Gemeinde Lembeck wegen der Anstellung der Kapläne und der jährlichen Unterhaltungskosten. Die Gemeinde zahlte jährlich 120
Taler für den Kaplan. Vorher waren nur gelegentlich Hilfspriester auf Zeit zur Unterstützung des Pfarrers in der Gemeinde.
Die Lembecker Kapläne wohnten im Pfarrhaus in Lembeck Dorf Nr. 40, später umbenannt in Wulfener Straße. Im Pastorat hatten die Kapläne ihre eigenen Räume, die sogenannte „Kaplanei“. Von 1826 bis zum Jahre 1976, also in 150 Jahren, waren an der Lembecker Laurentiuskirche 30 Kapläne tätig.
1826 – 1833 Bölting, Theodor geb. 1801 in Wesel gest. 1875 in Rhade
Priesterweihe 1826 ab 1833 Pfarrer von Rhade
1833 – 1843 Nonhoff, Anton geb. 1805 in Laer gest. 1891 in Erle
Priesterweihe 1830 ab 1843 Pfarrer von Erle
1843 – 1845 Bücker, Franz Anton geb. 1813 in Lippborg gest. 1849 in Lembeck
Priesterweihe 1842 ab 1846 Vikar an der Michaeliskapelle
1845 – 1854 Eming, Johann geb. 1818 in Borken gest. 1890 in Dorsten
Priesterweihe 1844 ab 1854 Pfarrer von Hervest St. Paulus
1854 – 1864 Hüsing, Theodor geb. 1829 in Coesfeld gest. 1899 in Warendorf
Priesterweihe 1854 ab 1884 Pfarrer von Warendorf
1864 – 1866 Grewing, Clemens geb. 1837 in Stadtlohn gest. 1866 in Lembeck
Priesterweihe 1862 starb im Alter von nur 29 Jahren
1866 – 1871 Gillmann, Bernhard geb. 1819 in Münster gest. 1. September 1895
Priesterweihe 1847 später Pfarrer von Dorsten
1871 – 1874 Osthoff, Heinrich geb. 1846 in Münster gest. 1914 in Lembeck Priesterweihe 1870 ab 1879 – 1886 Pfarrverwalter Lembeck hatte während des Kulturkampfes keinen Pfarrer ab 1886 Vikar an der Schloß- und Michaeliskapelle
1874 – 1887 Karthaus, Peter geb. 1850 in Soerabaja auf Java gest 1927 in Erle
Priesterweihe 1874 ab 1887 Pfarrer von Erle
1887 – 1890 Bordewick, Franz geb. 1860 in Borghorst gest. 1898
Priesterweihe 1885 ab 1890 Kaplan in Olfen u. Liesborn
1890 – 1892 Lohaus, Wilhelm geb. 1864 in Saerbeck gest. 1949 in Leer
Priesterweihe 1890 ab 1892 Vikar u.a. in Wulfen u. Lünten
1892 – 1896 Vissing, Joseph geb. 1868 in Wüllen gest. 1931 in Hervest
Priesterweihe 1892 ab 1911 Pfarrer von Hervest St. Paulus
1896 – 1900 Schulte, Wilhelmus geb. 1870 in Warendorf gest. 1940 in Neubeckum
Priesterweihe 1896 ab 1918 Pfarrer von Neubeckum
1900 – 1906 Alfhüppe, Heinrich geb. 1874 in Handorf gest. 1937 in Ottenstein
Priesterweihe 1900 ab 1914 Pfarr-Rektor in Brock-Westbevern
1906 – 1912 Schülting, Anton geb. 1877 in Gescher gest. 1937 in Kirchhellen
Priesterweihe 1906 ab 1932 Pfarrer von Kirchhellen
1912 – 1917 Thimester, Johann geb. 1886 in Herborn gest. 1948 in Eggerode
Priesterweihe 1912 ab 1933 Pfarrer von Eggerode
1917 – 1926 Denkler, Wilhelm geb. 1887 in Horstmar gest. 1933 in Rheine
Priesterweihe 1912 Kaplan in Westbevern, Hochlarmark u. Rheine
1926 – 1929 Schnura, Walter geb. 1900 in Dülmen gest. 1948 in Epe
Priesterweihe 1925 ab 1939 Vikar in Henrichenburg u. Epe
1930 – 1935 Nehe, Wilhelm geb. 1898 in Ermke-Molbergen gest. 1962
Priesterweihe 1927 Pfarrer von Harkebrügge und Bösel
1935 – 1938 Sellenscheidt, August geb. 1907 in Essen gest. 1984 in Thuine
Priesterweihe 1932 ab 1954 Pfarrer von Musum bei Bocholt
1939 – 1941 Deutzkens, Josef geb. 1913 in Wachtendonk 1945 vermisst
Priesterweihe 1938 nur 2 Jahre Kaplan in Lembeck
1941 – 1946 Krabbe, S.J. geb. 1909 in Hervest gest. 1971 in Stockholm Jesuitenpater
Priesterweihe 1939 ging 1949 nach Schweden
1946 – 1951 Heisterborg, Karl geb. 1912 in Gronau gest. 1985
Priesterweihe 1937 ab 1965 Krankenhauspfarrer in Emsdetten
1951 – 1955 Altfeld, Anton geb. 1911 in Nordkirchen gest. 1999
Priesterweihe 1949 1958 Pfarrer von Ringenberg u. Hohenholte
1955 – 1958 Weilke, Clemens geb. 1911 in Westbevern gest. 1990 in Sendenhorst
Priesterweihe 1954 ab 1965 Pfarrer von Keppeln
1958 – 1961 Wielewski, Kurt-Josef geb. 1929 in Münster gest. 1985 in Mexiko
Priesterweihe 1955 u.a.in Schweden, Argentinien, 1981 in Büderich
1961 – 1964 Dufhues, Josef geb. 1934 Telgte-Raestrup gest. 1992
Priesterweihe 1961 ab 1973 Pfarrer in Laer
1964 – 1969 Bocke, Karl geb. 1932 in Velen lebt im Ruhestand in Gemen
Priesterweihe 1964 ab 1973 Pfarrer in Gemen
1969 – 1974 Keysers, Willi geb. 1934 in Geldern-Walbeck gest. 2016
Priesterweihe 1966 ab 1977 Pfarrer in Rees-Haldern
1974 – 1975 Fernandez, Luis geb. 1941 in Spanien der letzte Lembecker Kaplan
Priesterweihe 1966 in Madrid 1978 das Bistum Münster verlassen
(Text/Auflistung: Johannes Harks)
Zu einer Kirche gehören unverzichtbar ihre Glocken. Deswegen beschreibt Willy Schrudde im folgenden Beitrag die wechselvolle Geschichte der Glocken der St. Laurentius-Kirche. Dass die Glocken auch bei Beerdigungen läuten, ist eine Selbstverständlichkeit. Deswegen ist es auch naheliegend in die Kirchen-Chronik den historischen Hintergrund der verschiedenen Lembecker Begräbnisstätten mitaufzunehmen. Um die Kirche mit Leben zu erfüllen sind viele Menschen nötig. Im Folgenden stellen sich die kirchlichen Gremien, Vereine und Verbände vor, ebenso wie die Musikgruppen und der Kirchenchor,
die alle auf unterschiedliche Weise dazu beitragen, ein aktives und lebendiges Zusammenleben in der Kirchengemeinde zu gestalten und zu erhalten.
Auch werden die verschiedenen Einrichtungen wie das Seniorenzentrum und das Behindertenheim/Haus der Lebenshilfe beschrieben. Die evangelische Kirche kommt ebenfalls zu Wort, was zum 500. Jahrestag des Beginns der Reformation besonders naheliegt. Aber auch die Geschichte und das Schicksal der jüdischen Familien in Lembeck werden nicht vergessen.
Ludwig Drüing
Die Glocken von St. Laurentius Lembeck
Das Geläut der Glocken ruft zum Gottesdienst. Die Glocken läuten kirchliche Feste ein, sie läuten nicht nur zu freudigen Anlässen, sondern auch, wenn Gläubige zur letzten Ruhe zum Grab im Friedhof getragen werden. Die Sprache der Glocken ist somit vielseitig, ihr Gebrauch viele Jahrhunderte alt.
In Mitteleuropa begleiten sie die Menschen bereits seit fast 1500 Jahren. Im sechsten Jahrhundert wurden zum ersten Mal größere Glocken in Kirchen verwendet. Diese besondere kulturgeschichtliche und kulturelle Bedeutung wurde im 20. Jahrhundert zwei Mal empfindlich gestört. In beiden Weltkriegen
wurde nämlich das Metall der Kirchenglocken militärisch genutzt. Tausende von Glocken wurden beschlagnahmt, abgenommen, gesammelt und eingeschmolzen.
Im Ersten Weltkrieg geschah dies sogar, ohne sie vorab archivarisch zu erfassen. In den Jahren des Zweiten Weltkrieges wurde dann anders verfahren, obwohl auch in dieser Zeit längst nicht jede Glocke registriert wurde. Die Landesämter für Denkmalpflege erhielten ab 1940 den Auftrag, im Einvernehmen mit den Kirchenbehörden, die Kirchenglocken des gesamten Reichsgebietes – insgesamt 75 000 Stück (so das Liboriusblatt) – zu inventarisieren und in Kategorien einzustufen.
Auch in Lembeck mussten Glocken hergegeben werden. Im Ersten Weltkrieg wurde im Jahr 1916 die kleinste Glocke, die der hl. Anna geweiht war und bereits im Jahre 1512 gegossen wurde, abgegeben. Laut Chronik wurden im Jahre 1923, Tag und Datum sind nicht mehr bekannt, drei neue Glocken angeschafft und geweiht. Darunter war auch eine „Ludgeri-Glocke“, worauf geschrieben stand: „Dass christlich du geworden bist, Sankt Ludger dank`s zu jeder Frist“.
Im Zweiten Weltkrieg mussten die „Laurentius-“ und die „Ludgerus-Glocke“ abgegeben werden. Mit Schreiben vom 23.01.1942 der Kreishandwerkerschaft Recklinghausen wurde die Glockenabnahme wie folgt angekündigt. „Durch Anordnung des Beauftragten für den Vierjahresplan vom 15.03.1940 sind alle Bronzeglocken beschlagnahmt. Mit dem Ausbau Ihrer Glocken ist die unterzeichnende Kreishandwerkerschaft beauftragt worden. Sofern Sie für Ihre Bronzeglocken keine Freistellungsbescheinigung vorlegen können, wird die beauftragte Firma Nachbarschulte, Dorsten, sich mit Ihnen in Verbindung setzen.“
Unter dem Leitwort: „Gott zur Ehr, dem Vaterland zur Wehr“ wurde am 03. März 1942 eine vorläufige Empfangsbescheinigung über die Entnahme der 2 Glocken von der Fa. Heinrich Nachbarschulte, Dorsten bestätigt. Eine endgültige Bescheinigung der Reichsstelle für Metalle i.A. Kreishandwerkerschaft, Recklinghausen, datiert vom 20. Juli 1942. Die beiden Kriege überstanden hat die kleinste Glocke „Katharina“. Sie ist von 1463 und bereits 554 Jahre alt und 600 kg schwer. Sie läutet heute noch und führt auch den Namen „Heuglocke“, was darauf schließen lässt, dass sie einst im Heu versteckt wurde, um
der Beschlagnahmung zuvorzukommen. Die Inschrift lautet: “Ick befreye de doden, ick vervreve de lebendigen, ick terbreke den donner in de logt, katharina heyt ick”.
Die schönen Randverzierungen zeigen stilisierte Pflanzenornamente. Im langen Feld findet sich das Hauswappen des Grafen von Merveldt mit Kreuz und ein Zeichen, offenbar das des Gießers. Am 30.04.1947 wurde unter Pastor Roth dem Bochumer Verein der Auftrag zur Erstellung und Lieferung von drei neuen Glocken erteilt. Dem Auftrag wurde ein Verrechnungsscheck über 7.373,- RM und eine Eisenscheinerklärung über 9.000 kg beigefügt.
Aus mehreren Schreiben geht hervor, dass Lieferschwierigkeiten bestanden. Leider verstarb Pastor Roth am 02.02.1949, nach langer schwerer Krankheit, sodass er die Glocken nicht mehr einweihen konnte. Am Passionssonntag 1949 nahm Kaplan Heisterborg die Einweihung der drei neuen Glocken, die heute noch läuten, vor. Bei der Einholung der Glocken waren die Straßen festlich geschmückt. Mit Reitern und Radfahrern, deren Räder besonders verziert waren, wurden die Glocken, die mit Lastwagen von Bochum geholt worden waren, an der Gemeindegrenze feierlich abgeholt (siehe Kirchenchronik). Die Freude und
Bewunderung über die Schönheit und Größe der Glocken war riesig. Die Glocke „St. Laurentius“ wiegt 3,7 to. und hat einen Durchmesser von 1,80 m.
Die beiden kleineren tragen die Namen „St. Ludgerus“ und „St. Magdalena“. Zu Ostern 1949 erklangen die Glocken zum ersten Mal und bestätigten, dass sie ein wunderbares, klangvolles Geläut hervorbringen. Den Glockenstuhl im Turm der Kirche erreicht man über 34 schmale Stein- und 27 ebenso enge Holzstufen. Die Glocken wurden bis zum Frühjahr 1950 vom Küster, von Messdienern und sonstigen Helfern durch Ziehen an Seilen zum Läuten
gebracht. Diese mühsame Arbeit wurde ab dann durch die Umstellung auf automatisches, elektrisches Geläut überflüssig.
Möge der schöne Glockenklang uns alle in Lembeck noch lange erfreuen.
Quellenangabe: Willi Schrudde / Unterlagen von Pfarrer Webbeler (+), Heimatkalender 1927 und 2004
Fotoalben St. Laurentius Kirche Lembeck – Lembeck.de