Evangelische Kirche in Lembeck

Aus dem Epheserbrief Kapitel 2: „Aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es, nicht aus Werken, damit sich nicht jemand rühme. Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, dass wir darin wandeln sollen.“

Liebe Lembecker! 2017 war wahrlich ein besonderes Jubiläumsjahr. 1000 Jahre Gemeinde Lembeck, 800 Jahre Katholische Kirchengemeinde Lembeck und 325 Jahre Wasserschloss Lembeck.

Zu diesem großen Anlass gratuliert im Namen der Evangelischen Kirchengemeinde Holsterhausen-Lembeck-Rhade-Deuten das Presbyterium mit dem Wort aus dem Epheserbrief allen Beteiligten und wünscht Gottes Segen für die Zukunft.

2017: 1000, 800, 325 und auch 500 Jahre Reformationsjubiläum. Mit Blick auf diese Jubiläen schaue ich ein wenig in die bischöflichen Visitationsberichte rund um Lembeck sowie die entsprechenden Geschichtsbücher. Wo sind da besondere Verbindungslinien?

Und ich lese, dass sich Westfalen damals erst langsam der Reformation öffnet. 1521 notierte der päpstliche Nuntius Hieronymus Aleander – wenige Tage bevor er auf dem Wormser Reichstag weilte und dort das berühmt gewordene Edikt gegen Luther maßgeblich mitgestaltete -, die Herrlichkeit Lembeck sei von der Pest der lutherischen Ketzerei unberührt. Der Adel war davon nicht ausgenommen. Während sich in manchen Regionen des Reiches die Ritter der neuen Lehre zuwandten und sich damit eine Lösung religiöser wie politischer Herausforderungen erhofften, verhielten sich ihre Standesgenossen in Westfalen abwartend. Es dauerte bis in die 1530er-Jahre, bis erste Anhänger des protestantischen Bekenntnisses auszumachen waren.

Dass die Zahl der Protestanten auch im Adel dann jedoch nicht unbedeutend gewesen war, vermag ein kaiserliches Schreiben an die münsterischen und umliegenden Stände aus dem Jahre 1546 belegen, in dem Karl V. vor dem Hintergrund des Schmalkaldischen Krieges beklagte, dass vill aus Euch von unser waren alten Christlichen Religion sich abwenden, und zu den newen Leren und Sectenn, sich denselben anhengig zu machen, und allerley Newerung in der Religion, wider gemaine Christen liehe Ordnung und Satzung fürzunemen, bewegen lassen. Entsprechend befahl das Reichsoberhaupt, das Ir solches Ewers Furnemens gentzlich absteet, alle ange maste Newerung und Enderung der alten Religion fürderlich abschaffet, und ferner dergleichen oder andere Newerung, nit furnemet, noch by Euch einkomen lasset, sonder Euch des enthalltet, unnd unserer unnd gemainer Stende ferner Handlung und Austrags der strittigen Religion gehorsamlieh erwartett, und hierwider nit thuet.

Der Erfolg solcher kaiserlichen Befehle blieb begrenzt. Vielmehr begannen sich mit dem Abschluss des Augsburger Religionsfriedens von 1555 die Kontakte des Adels zu protestantischen Geistlichen zu intensivieren und häuften sich die Übertritte zum protestantischen Lager. Zur Mitte des 16. Jahrhunderts war das lutherische Bekenntnis im westfälischen Adel auf dem Vormarsch.

Der westfälische Stiftsadel – ganz gleich ob im Stift Münster, im Vest Recklinghausen oder einem anderen Stiftsterritorium der Region ansässig – verfügte an der Schwelle zur Frühen Neuzeit über weitgehend autonome lokale Herrschaftsräume, auf deren innere Verhältnisse die geistlichen Landesherren kaum Einfluss nehmen konnten. Mit der Reformation fanden auch neugläubige Vorstellungen Eingang in die adeligen Herrschaften, befördert durch einen Adel, der vielerorts als Patronatsherr schon immer für die Belange des dörflichen Niederkirchenwesens verantwortlich gewesen war. Hoch problematisch wurden diese Entwicklungen mit dem fortschreitenden konfessionellen Zeitalter. Die Fürstbischöfe, an deren katholischer Überzeugung seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert kein Zweifel mehr bestehen konnte, bemühten sich, den tridentinisch reformierten katholischen Glauben, die Gegenreformation, in jedem Kirchspiel ihrer Bistümer durchzusetzen und damit eben auch in den adeligen Herrschaften. Gegen diesen Eingriff in seine traditionelle Herrschaftsautonomie leistete der Adel aus konfessionellen wie aus herrschaftlich-politischen Motiven heftigen Widerstand.

Ganz besonders intensiv zeigte sich der adelige Wille zur autonomen obrigkeitlichen Gestaltung seiner Herrschaften an einer 1592 erlassenen Ordnung für die Herrlichkeit Lembeck. In 33 Paragraphen ordnete und regulierte Matthias von Westerholt (wie sein Vater Bernhard von Westerholt Calvinist; er setzte als Patronatsherr calvinistisch gesinnte Geistliche in den Pfarreien ein. So war auch der Pfarrer von Lembeck um 1600 verheiratet.) zentrale Bereiche des dörflichen Zusammenlebens.

Der regelmäßige und andächtige Kirchenbesuch wurde der Bevölkerung anbefohlen, ebenso eine angemessene sittlich-religiöse Lebensführung. Das ausufernde Begängnis von Taufen, Hochzeiten oder auch Schützenfesten wurde verboten, das Brauen und Ausschenken von Bier der obrigkeitlichen Kontrolle unterworfen; auch das Tragen von edlen Stoffen und Metallen wurde untersagt. Nicht der bischöfliche Landesherr, weder geistliche noch weltliche Obrigkeit, sollten Ordnungsvorstellungen in der Herrlichkeit Lembeck implementieren, sondern allein der adelige Herr.

Fand die bischöfliche Religionspolitik also vielerorts keinen Eingang in die adeligen Herrschaften, so vermochten die geistlichen Landesherren durch eine nachhaltige Umgestaltung des Ämter- und Pfründenwesens letztlich doch eine konfessionelle Umorientierung des Adels zu erreichen. Die Errichtung konfessioneller Zugangsschranken zu allen Positionen, die Ansehen, Einfluss und Einkünfte versprachen, erwies sich langfristig als erfolgreiches Konzept, um den Adel zum Übertritt zum katholischen Glauben zu bewegen. Eine uneingeschränkte Handlungs- und Herrschaftsautonomie im lokalen Raum erwies sich dann nicht mehr als ideal, wenn damit der Verlust territorialer Macht- und Führungspositionen verbunden war. Dieser Erkenntnis entzogen sich dauerhaft nicht viele Adelige, sodass der barocke geistliche Fürstenstaat auch innerhalb des Adels seinen katholischen Charakter durchsetzen konnte.

1614 endet die kurze Reformationsgeschichte im Vest Recklinghausen mit einem Edikt, das allen Nichtkatholiken den dauernden Aufenthalt verbot. Danach gab es hier 200 Jahre lang keine evangelischen Bewohner.

Erst als 1802 das Erzbistum Köln säkularisiert wurde, konnten sich wieder Evangelische in der Gegend niederlassen. 1815 wird das Vest der Provinz Westfalen zugeordnet. 1816 entsteht aus dem Vest und der Herrlichkeit Lembeck der Kreis Recklinghausen.
Hier sind nun die Menschen evangelischen Glaubens dem Gesetz nach gleichberechtigt. Bis zum Beginn der Industrieentwicklung besteht die ev. Bevölkerung vor allem aus Gerichts- und Verwaltungsbeamten. Deshalb sind die ersten Gemeinden auch in Dorsten und Recklinghausen entstanden. Geschichte.

Evangelisch, Ev. Gemeindehaus am Schluerweg
Foto: Lembeck.de – Frank Langenhorst

Zur ihr gehört auch die Geschichte des evangelischen Gemeindehauses am Schluerweg. Viele haben mit dem Erwerb von symbolischen Bausteinen mitgeholfen, dass das Haus entstehen konnte. Viele haben angepackt, damit die 600 evangelischen Christen in Lembeck Gottesdienst in eigenen Räumen feiern können.

1969 wird das Gemeindehaus durch Pfr. Karl Ludwig Höpker eingeweiht. Das Haus war unter anderem Ort von Erwachsenenbildung. Klaus de Laak hat in einem Bericht zahlreiche Podiumsdiskussionen benannt. Das Haus war Ort für Jugendarbeit. Jugendheim. Ort von Bandproben. Haus der Gemeindegruppen, wie z.B. der Frauenhilfe. 2006 wurde dann das Haus geschlossen. Ein bitterer Einschnitt.

Am Tag der Entwidmung sind wir gemeinsam mit dem Abendmahlsgeschirr zur Kapelle am Seniorenzentrum gezogen. Ich freue mich, dass wir an diesem schönen Ort weiter regelmäßig Gottesdienst feiern können. Ich freue mich an der guten, freundschaftlichen Ökumene vor Ort. Und schließe mit einem Zitat von Papst Franziskus: „Es gibt nur einen Souverän der Zeit, einen Herrn, Jesus Christus.“ Ja.                    

Herzliche Grüße Pfarrer Matthias Overath

Foto: Günter Risthaus
Foto: Günter Risthaus
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